Somebody told me you had potential


Die umsttittenen 8os-Hymnenfreunde spielen vor kühlen Londonern Neues und Altes.

Die Killers sind eine jener sehr erfolgreichen Bands, an denen sich die Geister dramatischer scheiden als an anderen. Wenn der DJ einen ihrer Songs auflegt, stehen gemeinhin etwa ebenso viele Menschen missmutig lästernd an der Seite wie grenzhysterisch hopsend auf die Tanzfläche stürmen. Außerdem scheint es den Killers – zumindest hier in England – zu gelingen, Fans aus allen Altersgruppen und musikalischen Schichten anzusprechen. Denn während drinnen der Big Beat von Radio l DJ Zane Löwe hämmert, reihen sich vor der Royal Albert Hall neben wild aufgestylten Hauptstadtrockerinnen auch ältere Ehepaare und hysterisch gackernde Indie-Teenies ein.

Pünktlich um 22 Uhr stürmen die Killers zu Blurs „Song 2“ die Bühne und legen gleich los mit der ersten Single ihres neuen Albums day & age, „Human“, die mit ihrem 8os-Umhänge-Keyboard-Sound für einiges Aufhorchen gesorgt hat. Von Anfang an wird das Konzertvergnügen von zwei Wermutstropfen getrübt: Da ist zum einen die idiotisch überdrehte, Nuancen ersäufende Lautstärke. Und zum anderen die fehlende Stimmgewalt von Frontmann Brandon Flowers. Der Eindruck verhärtet sich bei „Smile Like You Mean It“, „Jenny Was A Friend Of Mine“ und „Somebody Told Me“: Bei drei der populärsten Songs seiner Band wirkt Flowers kurzatmig, seine Stimme zittert auffallend oft. Seinen Kollegen kann man zumindest keinen Vorwurf machen, nicht mit dem nötigen Ernst bei der Sache zu sein. Die drei spielen punktgenau unterstützt von einem zweiten Gitarristen, Keyboarder und später sogar Violinisten -, mit viel Freude und wenigen Posen. Flowers stolziert währen dessen wie eine Mischung aus Ben Affleck und Robbie Williams vor ihm über die Bühne, wirkt sowohl seiner Band als auch dem Publikum gegenüber distanziert – so etwas wie Chemie oder Kommunikation zwischen Bandleader und Musikern existiert nicht. Das scheint auch dem Publikum aufzufallen: Aus den Dancern werden immer mehr Steher. Bei den neuen Songs „Losing Touch“ und „Spaceman“ bewegt sich im weiten Rund der ehrwürdigen Halle nicht viel mehr als die in die Höhe gereckten Zeigefinger der Fans. Die Ungerührtheit des Publikums ist verständlich, zu sehr lassen die neuen Songs von day & age live (noch?) Dynamik und Gefühl vermissen. Dafür erinnert immer mal wieder hier ein Riff an „Miss you“ von den Stones, dort eine Keyboardline an – AARGH! – Blümchen. Darf das sein?

Immerhin fängt sich Flowers im Zuge der neuen Songs einigermaßen, versingt sich wesentlich seltener, und „Sam’s Town“ im Anschluss gelingt sogar richtig gut. „Read My Mind“ wird einer der stärksten Songs des Abends – die unterkühlte Stimmung im Saal aber bleibt bestehen. Das neue Stück „Joy Ride“ misslingt dann ebenso wie das sonst tolle „Bones“, das zu zahm und – wieder Schwächelt Flowers‘ Stimme – schier atonal klingt. Im Anschluss folgt der größte Lapsus des Abends: Das Joy-Division-Cover „Shadowplay“, bei dem Flowers durchgehend schief singt, verkommt zu einem Discostück ohne Gesicht und Biss und wird am Ende noch sinnlos mit Krach aufgeblasen. Zum Glück folgt dann sogleich mit „Mr. Brightside“ das stärkste Stück des Debüts, der Superhit, der auch, wie gewünscht, komplett ins Schwarze trifft und das Publikum schier durchdrehen lässt. So wird die Zugabe dann auch frenetisch gefeiert, und trotz des lahmen „Neon Tiger“ und eines schrägen „All These Things That I’ve Done“ gelingt dem Quartett mit dem letzten Lied auch das beste des Abends: „When You Were Young“, mit all seinem Kitsch und Pathos, ist unfassbar gut! Flowers stürzt sich skandierend in die Lyrics nötige Quäntchen Emotionen mit, das dem Abend sonst über weitet! trecken gefehlt hat. So entlässt einen die Band dann doch milde gestimmt in die Nacht. Fi st steht aber, dass Brandon Flowers Nachhilfe im Singen nehmen und mehr Gefühl zejgen muss als nur bei drei, vier vereinzelten Songs, um das Publikum wirklich bei derfetange zu halten. www.thekillersmusic.com