Son, Ambulance


Kunstvoll strukturierter, hymnischer Indierock von einem einstigen Mitbewohner von Conor Oberst. Aber was bedeutet nur der Name?

Es gibt wohl keine einfachen Erklärungen dafür, warum ausgerechnet eine der trostlosesten und isoliertesten Großstädte Amerikas zu einem blühenden Kreativzentrum für Indierock werden konnte, wie es ein zweites nie und nirgendwo gegeben hat. Dass sich an diesem bizarren Ort ein Künstlerkollektiv bilden konnte, dem mit Azure Ray, The Faint, Cursive, The Good Life, Now It’s Overhead und natürlich Bright Eyes einige der bedeutendsten Independent-Bands unserer Zeit angehören, die trotz eines rotierenden Mitgliederkarussells alle höchst eigenständig und reichlich brillant sind, ist eines der interessantesten popkulturellen Phänomene der Gegenwart. Der beste Neuzugang, der es zu internationaler Anerkennung gebracht hat: Joe Knapp. „Die meisten meiner Lieblings-Songwriter sind in Nebraska geboren „, sagte Conor Oberst unlängst und meinte damit auch den Chef der Band Son, Ambulance, einen blassen, lockigen jungen Mann aus Omaha, der beruflich in die Fußstapfen seines Vaters getreten ist. „Mein Dad war wahrscheinlich mein größter Einßuss“, meint Knapp (24), auch wenn sein Lächeln auf dem unscharfen Foto auf Vaters Homepage www.kyle knapp.com, das ihn und seinen Bruder Daniel an der Seite des wenig erfolgreichen Folksängers zeigt, reichlich bemüht wirkt. „Er macht das seit 20 Jahren: nur er und seine Gitarre. Ich bin damit aufgewachsen, ihn Singen und Spielen zu hören. Musik ist in meinem Blut. „Knapp lernte ursprünglich Schlagzeug und spielte im Alter von neun (ahren in der Kirche, der seine Eltern angehörten. 1997 lernte er „die Saddle-Creek-Ju?igs“über den Besitzer des örtlichen Plattenladens „The Antiquarium“ kennen, war 1999 Mitbewohner von Conor Oberst und trommelte bei Bright Eyes auf der ausgedehnten USA-, Europa- und Asien-Tour zu fevers and mirrors. Als seine eigene Band das erforderliche Level erreicht hatte, um der Öffentlichkeit präsentiert werden zu können, unterstützte ihn Oberst mit der Bright Eyes/Son, Ambulance-Split-LP oh HOLY fools. „Ich hatte großes Glück“, so Knapp. „Ich liebe Bright Eyes. Conor hat erkannt, dass ihm die Band wichtig ist und deshalb richtet er alles darauf aus. Das hat auch meinen Ehrgeiz gesteigert, mein Besteszugeben und zu versuchen, professionell zu arbeiten.“

Das Son, Ambulance-Deutschland-Debüt KEY ist nach euphemystic (2001) das zweite Album der Band und so fokussiert und vielschichtig wie fast alle Saddle-Creek-Veröffentlichungen. Joe Knapp, der Corey Broman als Schlagzeuger engagiert hat, um sich selbst auf Gesang und Gitarre zu konzentrieren, ist ein kluger Texter und ein hervorragender Leiter seines kleinen Orchesters: Die oft langen Songs über sexuelle Frustration und andere Unannehmlichkeiten sind höchst liebe- und kunstvoll arrangiert. Dass Joe Knapp als Musiker erwachsener ist, als die meisten Menschen in seinem Alter, liegt wohl an der Tatsache, dass er sich seit nun bereits sieben Jahren um einen Sohn kümmern muss. Sein Junge heißt Neal und ist der Grund, warum die Band von Ambulance in Son, Ambulance umbenannt wurde: „Ich wollte, dass der Name alles beinhaltet, was in meinem Leben passiert“, so Knapp. „Ich hab eine Liste mit den Dingen gemacht, die wichtig sind. Platz 1 war mein Sohn, Platz 2 meine Band Ambulance. Die beiden Sachen muss ich getrennt halten. Vielleicht steht deshalb das Komma dazwischen.“