Texas – Glasgow: Barrowlands


NACH IHREM DEBUTHIT „I DON’T WANT A LOVER“ VON 1989 mußten Texas lange untendurch. Bis sich die eher bodenständigen Rocker von einst mit ihrem vorletzten Album „White On Blonde“ plötzlich als stilsichere Interpreten radiogener, souliger Tanzlieder präsentierten und Texas Sängerin Sharleen Spiteri zum Mediendarling avancierte. Mit dem aktuellen Album „The Hush“ soll das Hitparaden-Comeback konsolidiert, wenn nicht getoppt werden. Das heutige Heimspiel können die Schotten allerdings streßfrei angehen: Die reguläre Tour kommt erst im Herbst, der heutige Abend soll fürs Radio aufgezeichnet werden, vor etwa 1.500 Freunden und Freundinnen, die selbstverständlich jeden Piep ihrer Lieblinge fantastisch finden.Tatsächlich hat sich auch in der Live-Präsentation einiges geändert bei Texas. Statt der humor- und bewegungslosen Show von ehedem gibt es heute buntes Variete und eine Sharleen, die herumspringt, grinst und das Becken kreisen läßt, als meinte sie es ernst. Rechts an der Bühne ist neuerdings sogar ein DJ mit zwei Turntables plaziert, der den Rhythmen mitgeschickten Kratzereien Dampf gibt. Bassist Johnny McElhone, die graue Eminenz der Band, ist derweil eine Augenweide in der Tradition von Charlie Watts. Am anderen Bühnenende führt Gitarrist Ally McErlaine heute zwar ein eher diskretes Dasein – der Sound wird von Keyboards getragen und von einem Zweitgitarristen untermalt – aber es scheint ihm keineswegs den Spaß an der Sache zu nehmen, zumal er für seine beiden Einlagen als Leadgitarrist, zuerst mit „Postcard“, dann mit.,1 Don’t Want a Lover“, tosenden Sonderapplaus erntet. Der Rest des Sets setzt sich aus den populärsten Momenten der letzten beiden Alben zusammen und wird von „Black Eyed Boy“, „Say WhatYou Want“ und „Move In“ gekonnt und cool abgerundet.

Nach dem Konzert hinter der Bühne tut sich dem an zynische Londoner Backstagetreffen gewöhnten Autor ein verblüffender Anblick auf: Statt mit bösartig dreinblickenden NME-Schreibern ist die Garderobe zum Bersten angefüllt mit den Familien der Band. Überall rennen kleine Doppelgängerinnen von Sharleen Spiteri herum, derweil eine künstlich gebräunte Blondine in mittleren Jahren stolz verkündet:“Ich bin Friseuse. Sharleen hat bei mir die Lehre gemacht!“ Und nein, sie findet es nicht schade, daß ihre Lehrtochter heute besser singen kann als Haare schneiden.