The Alarm


Nicht zu fasssen: Es ist keine zwei Stunden her, da saß der gleiche Mann, der jetzt wie ein Besessener über die Bühne tobt und sich die Lunge aus dem Leib singt, vor mir und war die Ruhe selbst, ausgeglichen, höflich, wie ein Beispiel aus dem Lehrbuch für angehende Seelensucher. Fast hätte das Surren der Klimaanlage seine vornehm gesenkte Stimme übertönt. Und jetzt das!

Mike Peters. Sänger, Frontmann und Vordenker von The Alarm, ist ein Chamäleon – auf der Bühne ein Berserker, privat ein lieber Softie mit hoher Denkerstirn und kritischem Gedankengut. Credibility nennt man das wohl: „Wir leben in einer Zeit unterschiedlichster Veränderungen ökologischer, ökonomischer und gesellschaftlicher Art. Deshalb haben wir unser neues Album CHANGES genannt. Wir versuchen, diese Veränderungen mit unserer Musik zu dokumentieren. Trotzdem haben wir ebenso versucht, musikalisch einen Schritt zurück zu den Wurzeln zu unternehmen. Und das sind für uns nun einmal Blues und Rock ’n’Roll.“

The Alarm kennen keine Mätzchen. Weder im Studio noch auf der Bühne. Gitarre umgeschnallt, Verstärker an – und ab geht’s. Und dafür liebt sie ihr Publikum. Immer und immer wieder. Es soll Leute geben, die The Alarm schon über 200 Mal gesehen haben. Der Enthusiasmus der Fans ist jedenfalls unermüdlich. Schweißgebadet und naßgeschwitzt wanken sie nach getaner Arbeit ins Freie. Das war’s mal wieder. Was war’s?

The Alarm haben die Plattenfirma gewechselt, und CHANGES ist ihre erste Platte unter neuer Ägide. Sie wurde mit diesem Konzert, dem einzigen in Europa, präsentiert, und deshalb war das halbe Firmenmanagement angereist. Zum Glück war die Halle gut gefüllt mit rauhkehligen, bierseligen und äußerst gutgelaunten Fans.

Entsprechend begeistert empfingen sie The Alarm, und die legten gleich gut los: Rock ’n Roll at it’s best. „Sold Me Down The River“, die neue Single, shuffelte mit Mördergroove und bester Eingängigkeit im Refrain los, gefolgt von einer dramaturgisch bestens präparierten Abfolge alter wie neuer Highlights. „Spirit Of 76“. „Rain In The Summertime“ oder „Rescue Me“ – egal, was das Quintett anstimmte, immer waren ihm die gereckten Fäuste und ein vielstimmiger Chor sicher. „We still believe in one thing: Thal music should be by the people, ofihe people, and for the people. And for the people, who are here tonight, we make our music. „Und selbst der Katastrophen-Mixer konnte das nicht verhindern. Auch wenn er sämtliche Ohren wieder um mindestens zwei Jahre hat altern lassen.

The Alarm gehen mit absoluter Ernsthaftigkeit an ihre Musik heran, mitunter auch mit reichlich Pathos und Zelebriererei. Doch wenigsten zelebriert diese Band nur ihre Songs und nicht sich selbst.