„The Birth of a Nation“: Dieser Film hat den Ku-Klux-Klan wiederbelebt


Das erste Epos der Kinogeschichte schürte Rassenhass und gab dem KKK neuen Auftrieb.

Wer 2018 einen Film großen Spielfilm dreht, muss viel Investorengeld einsammeln. Selbst für einen Indie in Deutschland kommt schnell eine Millionensumme zusammen, die großen amerikanischen Filme, die sogenannten Blockbuster, kosten mittlerweile regelmäßig mehr als 150 Millionen US-Dollar.

Der allererste Blockbuster aller Zeiten, der erste Kassenknüller und Publikumsmagnet, der im Kino lief, noch bevor es das Wort Blockbuster überhaupt gab, kostete etwas mehr 100.000 Dollar, was damals eine astronomische Summe war. „The Birth of a Nation“ hieß er, 1915 strömten Millionen Amerikaner zum Stummfilm von David Wark Griffith in die Kinos. Das dreistündige Mammutwerk war zudem der erste Film, der im Weißen Haus aufgeführt wurde. Präsident Woodrow Wilson (der im Film mehrfach zitiert wird und sich für Rassentrennung einsetzte) war voll des Lobes, große Teile der Presse und Zuschauer sowieso.

„The Birth of a Nation – Die Geburt einer Nation“ könnte ob seiner Größe, seiner technischen Ambition und seines Erfolgs eigentlich ein wunderbares Kapitel der Kinogeschichte belegen. Einige Schnitttechniken waren in den Film erstmals zu sehen, tausende Statisten und aufwendige Szenen mit vielen Pferden brachten ihm auf einem Kinoposter den Claim „Das achte Weltwunder“ ein. Doch D. W. Griffiths Film hatte einen grausamen Nebeneffekt: Er befeuerte die Neugründung des Ku-Klux-Klan und festigte Rassenhass in den USA.

Poster zu „The Birth of a Nation“.

Spike Lee erinnert in seinem aktuellen Film „Blackkklansman“ an „The Birth of a Nation“. In seiner Dramedy über den Ku-Klux-Klan gibt es eine Szene, in der sich die Faschisten zu einer Zeremonie treffen und gemeinsam den Stummfilm schauen. In ihren weißen Roben sitzen sie da, lachen und grölen und applaudieren. Die KKK-Mitglieder wussten es in den 70ern wie die restlichen Kapuzenträger im neuen Jahrtausend: Sie haben D. W. Griffith und seinem Epos viel zu verdanken.

„The Birth of a Nation“ erzählt die Geschichte von zwei Familien. Die Stonemans leben in den Nordstaaten, die Camerons im Süden. Der Sezessionskrieg bricht aus, Abraham Lincoln wird erschossen und die Familie verliert sich in dieser Zeit aus den Augen. 90 Minuten lang erzählt D. W. Griffith den Bürgerkrieg mit für damalige Zeiten meisterhaften Schlachtszenen nach, dann beginnt der zweite Teil des Dreistünders, den man mittlerweile übrigens komplett auf YouTube findet.

https://www.youtube.com/watch?v=I3kmVgQHIEY&t=732s

Und in diesem zeichnet „The Birth of a Nation“ ein düsteres Bild der Südstaaten nach dem Ende des Krieges. Die befreiten Sklaven unterdrücken die Weißen, manipulieren Wahlen, sind dauerbetrunken auf Vergewaltigung aus. Im Parlament feiern die ehemaligen Sklaven dazu ein Gesetz, das die Ehe zwischen Schwarzen und Weißen erlauben soll – in „The Birth of a Nation“ eine Horrorvorstellung.

Hasserfüllte Ideologie

Benjamin Cameron, dessen Familie viel durch den Krieg verloren hat, sieht plötzlich Kinder, die sich als Gespenster verkleiden und damit einen Schwarzen erschrecken. Ihm kommt die Idee der als Gespenster verkleideten Bürgerwehr. Nach dem Selbstmord seiner Schwester Flora, die vor der Flucht vor einem ehemaligen Sklaven Selbstmord beging, will er den Süden befreien.

Er gründet den Klan, rächt Flora und befreit im Finale eine ganze Stadt vor der fiktiven Schreckensherrschaft der Schwarzen, die fast ausschließlich von angemalten Weißen gespielt werden. Dazwischen werden immer wieder Spruchtafeln eingeblendet, welche keine Zweifel an der Ideologie des Films lassen.

Griffith war schon vor dem Epos ein bekannter Regisseur, dreht hunderte kleinerer Filme. Doch sein „The Birth of a Nation“ , der zuerst wie die Romanvorlage von Thomas F. Dixon, Jr. „The Clansmen“ hieß, wollte niemand finanzieren. Weil das Projekt zu kostspielig und die Kontroverse abzusehen war. „The Birth of a Nation“ wurde nicht nur zum allerersten Kassenschlager und vielleicht zum Urknall Hollywoods, sondern auch zum ersten abendfüllenden Propagandafilm.

In einigen Bundesstaaten wurde der Film verboten, in manchen Kinos nur unter Polizeischutz aufgeführt. Ein voller Erfolg wird er trotzdem, bis zum Start von „Vom Winde verweht“ bleibt er der kommerziell erfolgreichste Film seiner Zeit. Und auch die im Film propagierte Ideologie des KKK erlebt ein Comeback.

Der mordende Klan, dessen wahre Gründung deutlich weniger romantisch verlief als im Film dargestellt, wurde in den 1870ern politisch bekämpft und schließlich aufgelöst. Einige Monate nach dem Kinostart von „The Birth of a Nation“ kam es allerdings 1915 zur Neugründung. Der Film verwässerte die tatsächlichen Grauen des KKK durch heroische Aufnahmen, schürte abermals den Hass auf schwarze Mitbürger und verlieh dem nicht mehr existierenden Klan ein gutes Image in den Südstaaten. Der KKK ergänzte seine Ideologie bei dieser Gelegenheit auch um Hass auf Juden und Katholiken.

Ein Remake wurde bereits geplant

Wie ein Vergewaltigungsvorwurf den Oscar-Kandidaten „The Birth of a Nation“ überschattet
William Joseph Simmons nutzte die Stimmung und den Hype des Films, um den zweiten Ku-Klux-Klan zu gründen. Dazu führte er auch das Symbol des brennenden Kreuzes ein, das er direkt aus den Büchern Dixons entnahm. Die Neugründung wurde ein schrecklicher Erfolg, mehr als eine Million Mitglieder schlossen sich den Faschisten an, die sich in den 1920ern zu einer einflussreichen und gewalttätigen Geheimorganisation entwickeln sollten. Wie viele Leben „The Birth of a Nation“ indirekt gekostet hat, lässt sich schwer sagen. Zwar beriefen sich die Mitglieder des erstarkten Klans bei der Neugründung nicht direkt auf das Kino-Epos, doch er gilt bis heute als ultimativer Werbefilm für die verklärte Geschichtsdeutung der Mitglieder.

In den 1950er Jahren gab es den Versuch, ein Remake von „The Birth of a Nation“ zu drehen. Eine Investorengruppe aus Kalifornien wollte die Filmrechte kaufen und 8 Millionen Dollar für eine Neuverfilmung auf den Tisch legen. Das Projekt scheiterte, zumindest der Titel des Films sollte 2016 noch einmal einen Film schmücken. Nate Parker erzählte in seinem „The Birth of a Nation“ vom Grauen der Sklaverei und von einem Aufstand, den die unterdrückten Schwarzen gegen ihre gewalttätigen Herren anzetteln. D. W. Griffith würde den Film hassen. Gut so.

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