The Cure: Noch rostig: The Cure ölen die Tour-Maschine


BRADFORD. Als ich The Cure zum ersten Mal sah, war’s im winzigen Londoner „Marquee“ und die Band kämpfte sich noch mit sichtlicher Angst durch die eben erschienene Debüt-Single „Killing An Arab“. Ein dutzend Jahre später darf sich die Band drauf freuen, dank einer neuen LP demnächst ihr 20millionstes Album zu verkaufen. Es fällt einem auf Anhieb kein besseres Exempel dafür ein, daß es tatsächlich so etwas gibt wie einen kommunalen Lernprozeß in Sachen Musikgeschmack.

Noch zu New Wave-Tagen galten Cures Dissonanzen, die assoziativen Texte und nicht zuletzt Robert Smiths handgestrickter Gesang als schwer zugänglich und „elitär“. Seither hat die Band zwar gelernt, ihre Instrumente zweckdienlicher zu bedienen. „Angepaßt“ aber hat sie sich nie.

Das wird auch heute Abend wieder augenscheinlich, als die Combo zur neuen Mega-Welt-Tour anhebt. Sie tut dies nicht in der statusgemäßen Londoner Großhalle, sondern in einem intimen 1500-Seelen-Theater mit viel Messing und rotem Plüsch in der Provinzstadt Bradford. Die Band legt los mit zwei Titeln vom neuen Album, „Open“ und „High“. Obwohl die LP erst am selben Morgen die Shops erreichte, quietscht das Publikum bereits entzückte Wiedererkennungsschreie. Allerdings stimmen vorerst bloß Sound und Lightshow (clevere Spielchen mit scheinbar zufällig in den Biihnenhimmel geworfenen Einzelscheinwerfern). Die Band scheint rostig und verhalten.

Eine neue Härte und Schwere ist überhaupt das Thema des „neuen“ Cure-Sounds, besonders wenn Ex-Roadie und Fashion-Model Perry Bamonte vom Keyboard tritt und zur Gitarre greift. In der Folge wechseln Evergreens wie „Lullaby“ und „In Your House“ mit neuen Titeln, die auf Anhieb seltsam bekannt scheinen, so intim ist ihre Verwandtschaft mit den Evergreens. Mit „From The Edge Of The Deep Blue Sea“ aber fängt der Karren an zu rollen, um mit dem erstaunlich gutgelaunten Popsong „Friday I´m In Love“ (die nächste Single) Volldampf zu erreichen. „Never Enough“, „Fascination“ und „Cut“ bestätigen die Stimmung und ergehen sich nie in den endlosen Gitarrenromanen von ehedem. Fazit: Ein guter Tourneestart. Die zeitweilige Trägheit wird sich ja wohl noch legen …