The Strokes: Room On Fire


Hype, nichts als Hype. Behaupten zumindest einige Zeitgenossen, denen es suspekt ist, wenn beinahe die gesamte Journaille eine Band offensichtlich prima findet. Wir kriegen kein Geld dafür, die Strokes zu mögen, keine Erste-Klasse-Flüge nach Hawaii oder andere Annehmlichkeiten. Schade eigentlich. Hawaii soll schön sein in dieser Jahreszeit. Die gleichen Zeitgenossen sagen übrigens auch, dass die Strokes nicht spielen können und einen schlichten Schrammelsound zum Besten geben, der schon zu Velvet Undergrounds Zeiten nichts zerrissen hat. Ob die Strokes spielen können oder nicht, ist irrelevant, bei wem Kunst von Können kommt, der soll sich den Rest seines Lebens Dream Theater anhören. Viel Vergnügen. Und das mit dem schlichten Schrammelsound: So was nennt man Rock’n’Roll, und würde eine Band wie die Strokes nicht den smarten Kontrapunkt setzen zu all dem aufgedunsenen Nu-Metal-Getöse mit den weinerlichen Texten, wo stünden wir denn dann? Natürlich ist das Gerede von den „Rettern des Rock“ plakativer Marketing-Sprech, Rock kann und muss nicht gerettet werden, er ist einfach da und wird es auch bleiben, selbst wenn zeitgenössische Populärmusik längst ohne elektrische Gitarren auskommt. Nicht mal das Attribut der Erneuerer trifft auf die Strokes zu, denn letztendlich sind sie eine konservative Band mit konservativem Line-up und Songwriting, die Rockmusik spielt – eine konservative Kunstform, daran gibt es nichts zu rütteln. Ihr Verdienst – und das kann man nicht hoch genug bewerten – liegt vielmehr darin, einem verirrten Genre, dessen Extreme von peinlicher Trivialität auf der einen und abgehobener Kunstfertigkeit auf der anderen Seite geprägt sind, wieder ein bisschen Coolness und Seele einzuhauchen. Coolness, weil die Strokes keine rustikalen Muskelmänner aus dem Wohnwagenpark sind, die – harte Schale, weiche Birne – in kurzen Hosen den dicken Maxen markieren. Die Strokes haben Stil. Seele, weil sie keine egozentrischen Shoegazer sind, die ihre Neurosen als Intellektualität verpacken und dabei zum Maß aller Dinge stilisieren. Die Strokes sind bodenständig. Und schreiben Songs, die in drei Minuten alles sagen, was man in fünf Minuten einfach nicht sagen kann. Das war auf ihrem Debüt „Is This It“ der Fall und trifft auch auf „Room On Fire“ zu. Wer in zehn, 15 Jahren seine CD-Sammlung durchforstet, wird auf manche 2003er-Produkte stoßen, die eben nach 2003 klingen. Vielleicht erheiternd, vielleicht bewegend, vielleicht sogar peinlich, „Room On Fire“ wird dann genau so überraschend frisch und vital erscheinen wie heute die besseren alten Scheiben von Velvet Underground und den Stooges. Rock’n’Roll eben. Gab’s damals schon, gibt es heute und wird wohl auch morgen noch ein Thema sein.