Thievery Corporation: Ahnenforschung


Für ihr neuestes Projekt stöberten die beiden Klangtüfter in den Archiven des US-Jazz-Labels Verve.

Klauen wird nicht immer bestraft, jedenfalls dann nicht, wenn Rob Garza und Eric Hilton die Delikte planen. Das Duo aus Washington hat es unter dem Decknamen Thievery Corporation auf Samples abgesehen, die ihre urbane Lounge-Pop-Ästhetik vervollkommnen. Der Erfolg kann sich sehen lassen. Die Alben „Sounds From The Thievery Hi-Fi“ und „The Mirror Conspiracy“ gehören zu den Highlights im Downtempo-Dance-Genre – ein Umstand, der auch den Machem des eklektischen Jazz-Traditionslabels Verve Records nicht verborgen geblieben ist. Die Plattenbosse fragten Garza und Hilton, ob sie nicht Lust hätten, sich in den Verve-Archiven umzusehen. Heraus kam eine Compilation mit persönlichen Thievery-Favoriten. „Das war eine Ehre. Wir sind ständig auf der Suche nach alten Schätzen aus unbekannten musikalischen Welten. Im Idealfall regen Platten dazu an, in unserer Fantasie einen unbekannten Ort zu besuchen. Wir malen uns dann aus, wie es dort wohl aussieht, und machen ein Stück daraus“, freut sich Garza.

Was die Auswahl auf „Sounds From The Verve Hi-Fi“ betrifft, heißt der Ort der Inspiration Brasilien. Garza und Hilton haben Stücke von Samba- und Bossa-Nova-Größen wie Sergio Mendes und Astrud Gilberto ausgesucht. „Ich bin früher einmal in Rio gewesen und hatte eine gute Zeit. Musikalisch gesehen lief es jedoch anders als erwartet. Die jungen Leute hören meistens House. So etwas wie Bossa Nova wird als Musik für die ältere Generation angesehen. Samba läuft in Tanzschulen, in denen man von Touristen ein Eintrittsgeld verlangt“, so Garza. Ihm muss nicht gram sein, denn so steigert sich der Drang der Thievery Corporation, brasilianische oder sonstige Klänge am heimischen Computer zu bearbeiten. Früher bevorzugten Garza und Hilton die rauere Gangart: Als High-School-Kids sammelten sie erste Erfahrungen in Punkb.inds. Mit zunehmendem Alter (man hat die 30 deutlich überschritten) entdeckten sie dann den Reiz darin, mit leisen Klängen zu rebellieren. Heute beschränken sich ihre Aktivitäten nicht nur auf Thievery Corporation: Sie betreiben das Label Eighteenth Street Lounge und außerdem noch eine gleichnamige Bar. „Ursprünglich haben wirdavon geträumt, tausend Platten zu verkaufen. Es war ein Hobby. letzt läuft es fast schon gespenstisch gut. Wir werden wohl weitermachen müssen.“ Thomas Weiland

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