Toms „Big Time“


Nicht nur musikalisch hat sich der einstige Underdog verändert. Statt im schmuddeligem Outlaw-Look kommt Tom Waifs fetzt im weißen Designer-Anzug daher. Mit seinem Film-Debüt „Big Time“ knöpft er an aufwendige Konzertfilme wie „Stop Making Sense“ und „Sign O‘ The Times“ nahtlos an. Georg Seitx war bei der Premiere.

Tom Waits in Farbe: kein verblichenes Braun wie im Video zu „In The Neighbourhood“, kein Schwarzweiß wie in dem Sumpfspaziergang bei „Down By Law“. Aus schwarzer Tiefe leuchten sattes Rot und Gelb im ersten Konzertfilm des musikalischen Dunkelmannes. Tom Waits selbst sitzt im strahlend weißen Anzug am Klavier, mimt den drittklassigen Conferencier in einem Nachtclub und erzählt schmutzige Witze. „Big Time“ ist eine durchgestylte Performance, die mit einem altmodischen Konzert-Mitschnitt soviel zj tun hat wie der CD-Player mit dem Transistorradio zu 9,50 Mark.

Das Konzept hatten die Talking Heads mit „Stop Making Sense“ vorgegeben. Die Kamera verkrümelt sich nicht in der Zuschauer-Perspektive. Sie ist auf der Bühne, dahinter, darüber und darunter. Die Musiker wenden sich weniger an ihr Publikum im Saal, als an das im Kino und vor dem Fernseher — auch an die spätere Video-Verwertbarkeit wurde offensichtlich gedacht.

Regisseur Chris Blum, der sich mit den Levi’s-501 -Spots einen Namen gemacht hat, dachte das optische Werbe-Konzept konsequent weiter und ließ die Zuschauer ganz weg. Gedreht wurde „Big Time“ zwar im Konzertsaal, die Konzertsaal-Atmosphäre aber wurde rigoros aus dem Film verbannt.

Das Ergebnis ist ein optisch und musikalisch dichter Ego-Trip von Tom Waits. Schier endlose Großaufnahmen des grimassenschneidenden Helden, mal im Zigarettenqualm, mal verschwitzt, und raffiniert zwischengeschnittene Spiel-Sequenzen von Waits schlafend im High Tech-Bett bis hin zu Waits dösend im Kassenhäuschen eines Uralt-Theaters. Die Übergänge der 22 Songs, vornehmlich aus FRANKS WILD YEARS, verspielen sich elegant. Tom Waits genießt das Star-Sein vor der Kamera sichtlich, er hat das Geschehen komplett in der Hand. Mag Prince mit „Sign 0′ The Times“ der energiegeladenste Musikfilm des Jahres gelungen sein — Tom Waits liefert mit „Big Time“ den innovativsten und originellsten ab.

Das Schmuddeljäckchen hat er dafür allerdings abgelegt. „Big Time“ präsentiert in Designer-Kulisse einen arroganten und fast schon überstylten, aber trotzdem sympathischen Designer-Kauz.