Urban Dance Squad – Life’n Perspectives …


Ihr zweiter Streich spielt ohne Grenzen mit Rap, Rock und zwanzig Jahren Musikgeschichte: Fünf Hollander machen das Chaos perfekt.

icht nur Frau Antje stimmt da zu: Gut Ding will Reife haben. Zwei Jahre lang haben die holländischen Rap-Rock-Revoluzzer jeden Übungsraum-Schnipsel gesammelt, um in sorgfältiger Collagearbeit ihr vorläufiges Meisterwerk zu basteln. LIFE ‚N PERSPECTIVES OF A GENUINE CROSSOVER ist dabei als Titel kaum zu hoch gegriffen. Denn mit Urban Dance Squad macht ein blutleer gewordener Begriff wieder Sinn: Stilmischung als Konzept führt bei den Holländern zu mehr als standardisierten Funk-Metal-Platitüden oder Rap mit der Rockgitarre. Was sich auf dieser zweiten UDS-LP an verschiedenartigsten Einflüssen in Riffs und Samples trifft, hat den Umfang eines mittleren Musiklexikons: Hardcore-Rap, Westcoast-Rock, Calypso, Reggae, Big-Band-Jazz, die Liste ist vielleicht beliebig fortzusetzen, aber keinesfalls willkürlich. Denn jedes noch so sekundenkurze Fragment dient übergeordneten Zwecken, und so kreiieren Urban Dance Squad aus vielen exotischen Bruchteilen kein Pseudo-Chaos, sondern tatsächlich Songs mit Charakter in außergewöhnlicher Bandbreite. Für ,For The Plaster“ paaren sich Südsee-Rhythmen mit Rapper Rüde Boys gesprochenen Worten, „Harvey Quinnt“ bedient sich besser Rhythm V Blues-Tradition, und immer ist die Band dabei bereit, nicht nur die Grenzen der Gewohnheit, sondern auch die eigenen Dimensionen zu durchbrechen: Mit .Routine* einem wundervollen Blues in Schräglage gibt das Quintett gar sein Balladen-Debut, und B-Boy Remington versucht sich als Sänger. Bei soviel Eigenständigkeit findet derselbe nicht mehr viel gute Worte für die Musikwelt, in der wir leben:

,Comin‘ fhrough a decade of boredorn pop, where the young play old, old refuse to drop …“ ist nur einer der starken Sprüche, die seine unmißverständlichen Texte zieren. Und LIFE ‚N PERSPECTIVES OF A GENUINE CROSSOVER ist die einzige Legitimation dafür.

HOUSEWORK

.Als ich DNA das erste Mal als DJ In einem Club erlebte, spürte Ich sofort: Das ist nichts anderes als ein weiteres Instrument.“ erinnerte sich UDS-Gitarrist und Rock ’n‘ Roll-Veteran Tres Manos. Urban Dance Squad verknüpft Bandkonzept und DJ so konsequent wie kaum jemand. .Unsere Songs entstehen allesamt aus reinen Sessions, und dabei scratcht und mixt DNA genauso vor sich hin, wie ich auf meiner Gitarre klimpere.“ Der Turntable-Meister selbst hat eine jahrelange Club-Karriere hinter sich, und freut sich heute in der raren Freizeit mehr denn e über Engagements hinterm Plattenteller. .Back to the roots“, lacht er und pflegt auf Parties sein Lieblingsprogramm: Reggae, Ragamuffin‘ und House. Für die Band dagegen arbeitet er nach Plan: Im Dienst der Sache quer durch die Sammlung, von Public Enemy bis zum gregorianischen Choral. Dabei waren seine Anfangsvorraussetzungen denkbar schlecht:

.Ich war früher strikter Hip HopAnhänger, und jeder Gitarrenton brachte mich zum Kotzen.“ Heute verteidigt er seine Instrumentallstenehre: .Die meisten Hip Hop-Bands sind so langweilig, weil alles vom Band kommt. Bei mir Ist jedes Sample live.*

STREETLIFE

Die Konserve läßfs erahnen: Die BOhne ist der Ort, an dem Urban Dance Squad das gesamte Energiepotential bis zur letzten Reserve aktiviert. Prominente Fans von Axl Rose bis Vernon Reld (Living Colour) singen die Lobeshymnen im Chor: JAit das beste, was wir in den letzten Jahren auf der BOhne gesehen haben.“

Und so lud Living Colour zur Ehrbezeugung die Holländer ins Vorprogramm ihrer letzten US-Tournee. Fünf Europäer demonstrieren dem Ursprungsland von Rap und Rock ’n‘ Roll die bislang frischeste Fusion strikter Traditionen? Gitarrist Tres Manos: .Die Amis waren teilweise ganz schön verwirrt, well sie bei uns einerseits soviel hören, was ihnen vertraut ist, das aber in einer völlig neuen Form. Und das damit ausgerechnet Holländer daherkommen, das machte ihnen tatsächlich zu schaffen.“ Immerhin, auch heimatstolze Amerikaner sind lernfähig, obwohl .die meisten einfach dachten, Rüde Boy sei aus der Bronx und der Rest aus Kalifornien“, hievten sie Urban Dance Squads Single „Deeper Shade of Soul* bis in die Top 20. Im UDS-Spiel ohne Grenzen war die USTour ein kleiner Triumphzug, Tres Manos glaubt zu wissen, warum: .Wenn t. l. Cool 1, JtTV Unplugged‘ spielt, oder Chuck 0. mit Anthrax kollabriert, mag das in eine ähnliche Richtung gehen wie wir, aber es sind nur individuelle tinzelpro’iekte von Musikern, die sonst sehr klar eine bestimmte Richtung repräsentieren. Wir sind keine Amis, wir können uns Ober alle Grenzen, die die Menschen dort Im Kopf haben, hinwegsetzen. Und das spüren sie In den Shows.“