Violent Femmes


Es gibt Bands, bei denen der Hörer seinen musikalischen Anspruch zurückschrauben muß, um deren Einfachheit zu schätzen. Der unorthodox-simple Rock ’n‘ Roll der Violent Femmes ist so ein Phänomen: Zunächst verschroben und teilweise nervensägend, doch dann immer faszinierender.

Verblüffend schon das Instrumentarium der drei Guys aus Milwaukee/Wisconsin. Der 20jährige Sänger Gordon Gano spielt eine billige Fender-Bullet-Gitarre, Brian Richte eine riesige, halbakustlsche Mariachi und Viktor de Lorenzo begnügt sich mit einer fünfteiligen Mini-Schießbude. Über die Stand-Tom hat Viktor zudem einen Blecheimer gestülpt, den er mit Jazzbesen traktiert.

„Obwohl ich erst in den Siebzigern Musik bewußt wahrnahm, hörte ich fast nur Gruppen aus den sechziger Jahren wie die Kinks, Dylan oder Grateful Dead“, erzählt Songschreiber Gordon Gano. „Mir sind die Hippie-Bands und auch die Bluessänger der Vorkriegszelt wertvoller als der moderne Schrott.“

Das erste Album der Femmes wirbelte auf der Independent-Szene einigen Staub auf: Platz eins in praktisch allen Indie-Charts der westlichen Welt. Der Reiz lag wohl vor allem im nörgelnden Gesang und der ausgeklinkt-frivolen Wortwahl Ganos. Liebesgeschichten sind sein Metier, verzweifelte und dekadente präzis formuliert und direkt unter die Haut gehend.

Die Story von Chrissie Hynde als Entdeckerin, die die Femmes vor zwei Jahren als Support für die Pretenders engagierte, hat auch seinen Haken, wie Gordon klarstellt: „Bei diesem Auftritt in unserem Heimatort sind wir total ausgepfiffen worden,so daß man von Entdeckung da wohl noch nicht sprechen konnte“

Der Schüler (Gordon), der Journalist (Brian) und der Stuntman (Viktor) arbeiteten weiter produzierten und finanzierten ihre Debüt-LP selbst und hatten das nötige Glück. Um das wachsende Geschäft kümmern sie sich allerdings nicht. Von Verkaufszahlen haben sie keine Ahnung (es gibt vermutlich noch mehr überschwengliche Kritiken als Käufer ihrer Platten!), scheren sich einen Teufel um Anweisungen von Manager oder Tourbegleiter und machen sich über alles und jeden lustig.

Spontaneität zeichnet die Violent Femmes auch live aus. Bei „Add It Up“ beispielsweise schmuggelt Gordon die Titelzeile von „Billie Jean“ ein und beteuert, daß man ihm die Idee zu dieser Melodie gestohlen habe. Er sei eigentlich derjenige… Mit neuer LP (HALLOWED GROUND) gehen die eigenwilligen Femmes nun zum zweiten Mal auf Deutschland-Tour.