Wilco, Köln, Luxor


Zum Finale gab’s Mißklang der himmlischen Sorte, „l’m so out of tune with you“, heulte Frontmann Jeff Tweedy den 150 Besuchern in die Seelen, und das Publikum lauschte ergriffen dem, was da kam. Grollende Dissonanz von Gitarre und Baß, die sich in einem einzigen schmutzigen Stakkato entlud. Verhaltenes Johlen, andächtiger Applaus -75 Minuten Wilco live, das war zweifelsfrei nicht gerade der Stoff, aus dem Pogo-Träume sind. Man hätte auch gut und gerne ein paar Dutzend abgewetzte Couch-Garnituren ins ‚Luxor‘ stellen können, eine Theke für Bier und Hochprozentiges in Reichweite, den Rest besorgten Tweedy und Co. mit Bravour: Melancholische Musik für Männer, die ihr Innerstes an Saiten, Tasten und auf Trommelfellen öffneten. Irgendwie lag über diesem Abend ein seltsamer Hauch von Verzweiflung, den Tweedy, der Mann mit Lederhut und Cordhemd, mit dem Opener des neuen Albums ‚Being There‘ auch kaum deutlicher zu Beginn hätte intonieren können. Dieser eine Song erzählte schon die Geschichte dieser Show, legte schon die komplette Platte an Emotionen frei, die Wilco in ein paar Minuten ausbreiten können: Die brausenden Gitarrenorkane, die vollendete Ruhe, ein schreiender Tweedy, der zum Schluß noch ein paar Akkorde zirpt. Ein Song, bei dem man nie gewiß sein konnte, ob er noch einmal ein Ründchen von drei Minuten nimmt oder einfach aufhört. Das macht die Stärke der US-Country-Rocker aus: Die Gratwanderung zwischen Tradition und Verzerrung, zwischen Stillstand und Experiment. Und immer schön „down to earth.“ Dabei gab es Passagen, in denen der geneigte Hörer sich zugegebenermaßen geradeaus in die wohlig-warmen Erinnerungen an Sixties und Seventies begeben darf: zum Beispiel wenn’s in Richtung Südstaaten-Rock abgeht, eine Art Lynyrd-Skynyrd-trifft-Status-Quoauf-dem-Country-Ball. Aber gerade in den richtig straighten Momenten sorgen Bassist John Stirratt und Drummer Ken Coomer mit ein paar Breaks und ein wenig Blues-Gefrickel für das exakte Signal: Leute, wir lieben Rock’n’Roll, aber vir lieben es auch, ihm so richtig die Zähne zu zeigen.