Xavier Naidoo im Interview


Mittendrin statt nur dabei: Die Leser des MUSIKEXPRESS interviewen Xavier Naidoo. Der Soulman aus Mannheim über seine Beziehung zu Udo Jürgens, Steffen Wink, Van Morrison und Moses Pelham, den 11. September und den Sinn des Lebens. Letztendlich alles eine Frage des Glaubens. Hast du irgendwann das Gefühl gehabt, mit Moses Pelham einen Traum zu tei- len, oder hast du die Zeit bei 3p nur ge- nutzt, um ins Popgeschäft einzusteigen ? Andreas Hölzchen, per Mail Es war ganz klar ein Traum. Wir hatten gemeinsame Ziele, die wir angegangen sind und zum Teil auch erreicht haben. Nun arbeitet jeder an seinem eigenen Traum weiter. Es ist einfach ein zu großes Glück, Musik machen zu kön- nen und damit Leute zu erreichen. Als ich die letzte CD der Söhne Mann- heims hörte, hat mir dos sehr zu denken gegeben. Ihr sprecht von „Armageddon" und davon, dass nur ein paar Tausend überleben werden. Weshalb wählst du diesen Weg, um die Leute aufzurütteln? Beat Steiner, per Mail Weil das der beste Weg ist. Meiner Meinung nach hört man so viel Ge- plänkel, da kann es überhaupt nicht schaden, wenn man in einem Lied mal ein bisschen deutlicher wird. Es ist ja letztendlich nur eine Metapher für ge- wisse Sachen. Ich will, dass die Leute, wenn sie sich dafür interessieren, das selbst in der Bibel nachlesen. Es ist ein- fach ein guter Weg, um die Leute schnell aufzrütteln. Willst du in Zukunft mit deiner Musik auch in Amerika und/oder England Fuß fassen? Uli Wenzel, Kreuzwertheim sprechstunde

Eher in England bzw. Europa als in Amerika. Ich glaube allerdings nicht, dass man dort auf mich wartet. Aber wenn man sich treu bleibt und das ehrlich macht, dann kann man da auch Platten verkaufen. Wie viele weiß ich jedoch nicht.

Hattest du schon mal eine ausländerfeindliche Auseinandersetzung und wie hast du darauf reagiert?

Michael Kupfer-Gerbach, Leopoldshohe Ich hatte schon mehrere, einige, wo ich Prügel bezogen habe, und einige, wo ich andere verprügelt habe. Ausländerfeindliche Äußerungen sind für mich etwas so Alltägliches, dass ich mich damit gar nicht mehr gToß beschäftige, es sei denn in größerem Rahmen.

Was hat sich bei dir nach dem 11. September2001 verändert, sowohl im privaten Bereich als auch in deinem beruflichen Wirken?

Stefan Winkler, Ratingen So viel hat sich da eigentlich nicht verändert. Ich bin eher einer von denen, die in ihrer Musik versucht haben, daraufhinzuweisen, dass solche Sachen passieren werden. Dinge, die wir nicht so leicht verkraften. Von daher hat mich das nicht aus der Bahn geworfen.

Paul McCorfney sagte einmal, er habe oft geweint, wenn er das Album“.Pet Sounds“ von den Beach Boys hörte. Bei welchem Album kannst du weinen ?

Claudius Schnoor, Kiel Bei „No Guru, No Method, No Teacher“ von Van Morrison. Ich kann aber

nicht recht erklären warum.

Wie kommt es, dass du so stark religiös bist? Liegt es an deiner Erziehung oder an einem Schlüsselerlebnis?

Gaby Hoffmann, Frankfurt am Main Ich bin nicht religiös, ich bin ein gläubiger Mensch. Ich bin zwar sehr katholisch erzogen worden, aber das Schlüsselerlebnis hatte ich Silvester ’92. Da habe ich das erste Mal in der Bibel gelesen. Ich machte damals meinen Zivildienst und hatte gerade ein paar Stunden frei. Da hab ich zuhause die Bibel liegen sehen und habe angefangen zu lesen. Von diesem Moment an war nichts mehr wie zuvor.

Zu Beginn deiner Karriere hast du dich selbst als eine Art „Retter Mannheims“ betitelt, und dieses Ziel verfolgst du wohl immer noch. Wie weit gehen hierbei deine Aktivitäten ?

Christian Winter, Wiesloch-Baiertal Wir versuchen zu kucken, wo Not am Mann ist, um für die Zukunft gewisse Sachen ausarbeiten zu können. In erster Linie geht es mir darum, die Arbeitslosigkeit in Mannhein einzudämmen, wir nehmen da leider immer noch einen Spitzenplatz in der Statistik ein. Eine Stadt wie Mannheim zum Florieren zu bringen ist schon mal ein Ziel. Wenn man darüber hinaus zusammen mit Politik und Wirtschaft gewisse Projekte anleiern kann, wie wir es hier und da schon machen, dann hat man zumindest schon ein paar Sachen in Bewegung gesetzt und kann in Zukunft darauf aufbauen.

Wie kam es dazu, dass Steffen Wink im Video zu „Wo willst du hin?“ mitspielt?

Stefanie Tump, Altendorn Ich spiele eine kleine Rolle in dem Kinofilm „Auf Herz und Nieren“, der am 25. April startet. Steffen Wink ist einer der Hauptdarsteller. Irgendwann hab ich ihn gefragt, ob er sich vorstellen könne, in einem Video mitzuspielen, und er hat ja gesagt.

In der Vergangenheit bist du des Öfteren mit kontroversen Äußerungen in Bezug auf weiche Drogen aufgefallen. Als kommerziell erfolgreicher Musiker, dessen CD-Umsätze vor allem auf eine Altersgruppe unter 18 Jahren zurückgehen, kann man dich nicht als Vorbild bezeichnen. Wie siehst du selbst dies? Liegt es überhaupt in deinem Interesse, Vorbild zu sein?

Sebastian Zeitzmann, Sagard Ich will überhaupt kein Vorbild sein, ich will ehrlich sein. Meine Äußerungen zu Drogen gehen ja auf eine Frage eines Reporters zurück. Und da wollte ich eben ehrlich sein. Ich wollte da versuchen, die Diskussion um die -»

Liberalisierung weicher Drogen weiterzutreiben. Das klingt jetzt vielleicht abgedroschen, aber warum werden Leute, die keinen Alkohol trinken und sich anderweitig berauschen, kriminalisiert, während Alkoholkonsum ganz legal ist und auch nicht propagiert wird? Ich finde auch, dass die Polizei Wichtigeres zu tun hat, als jeden kleinen Drogenkonsumenten zu verfolgen. Ich persönlich bin inzwischen aus dieser Diskussion raus, weil ich damit nichts mehr zu tun habe.

Welchen Sinn macht das Leben für dich ?

Xvampirx666, per Mail Wenn ich weiterhin Musik machen und mit meinen Liedern Gott preisen darf, macht es für mich sehr viel Sinn.

Im Booklet von „Zion ’steht auf den letzten Seiten, wie die Band Söhne Mannheims entstanden ist. Du sagst dabei sinngemäß, dass dir durch äußere und innere Prozesse klargeworden ist, dass Mannheim das neue Zion, sprich Jerusalem, ist. In der Offenbarung steht ja, dass es irgendwann ein neues Jerusalem geben wird. Worum soll es gerade Mannheim sein?

Christian Silbernagel, per Mail Das hat nicht zuletzt damit zu tun, dass es in Amerika viele Rap-Gruppen gibt, die von ihrem Zion berichten; ich bin da nicht der Erste. Es gibt viele, die sagen, dass New Jersey das neue Jerusalem ist. Da wollte ich einfach nur auch mal meine An meidung abgeben. Ich bin nach achtjährigem Studium der Bibel für mich zu dem Schluss gekommen, dass es zwischen Mannheim und Zion sehr viele Übereinstimmungen gibt. Für mich ist das Wichtigste, dass ich mein persönliches Zion gefunden habe und dass es in meiner Heimat liegt.

Wie siehst du die Soul- und R’n’B-Szene in Deutschland?

Hauke Morfeld, Achtrup Ganz hoffnungsvoll eigentlich. Ich habe schon einige Sachen gehört, die ich ganz cool finde. Ich wünsche mir nur noch ein bisschen mehr deutsche Identität. Oftmals höre ich doch sehr stark amerikanische Vorbilder raus. Das mag jetzt auch mein eigenes kleines Problem sein, dass ich nicht unbedingt das amerikanische Zeug kopiert sehen will, sondern eher eine eigene Form bevorzuge. Aber nichtsdestotrotz gibt es eine Menge wahnsinnig gute Sänger. Laith al-Deen, Ayman und Samir zum Beispiel.

Du hast vor langer Zeit mal zusammen mit Udo Jürgens sein altes Lied „Ich glaube“ gesungen. Was magst du am Altmeister Udo?

Thomas Berninger, Fuldatal Dass er immer noch seine Lieder singen kann, dass er immer noch ein riesiges Publikum hat, dass er sich immer wieder getraut hat, auch in seiner Musik gewisse Sachen zu thematisieren. Wenn ich das in dem Alter auch noch könnte, wäre ich sehr froh.

Warum hast du dich über deine Einstellung zu Gott in der Presse geäußert? Hattest du nicht Angst, als Spinner abgetan zu werden?

Rasmus Burkhoff, per Mail Das Problem war mir bewusst. Aber ich habe nicht so sehr Wert daraufgelegt, wirklich verstanden zu werden. Ich wollte erzählen, was mir wichtig ist. Und wenn ich in Interviews auf meinen Glauben angesprochen wurde, wollte ich eben die Wahrheit sagen. Warum soll ich verleugnen, dass ich an Gott glaube? Im Endeffekt ist es ehrlicher, wenn die Leute wissen, woran sie sind, als wenn ich jemandem was vorgaukle, wie andere, die zum Beispiel vorgaukeln müssen, dass sie keine Freundin haben.

Deine Texte tragen einen dichterischen Charakter. Gibt es jemanden, der dich in dieser Hinsicht beflügelt, bzw. welche Literatur schätzt du ?

Sylvia Draxler, Rüsselsheim Ich muss gestehen, dass ich eigentlich nur in der Bibel lese. Mehr Bücher habe ich eigentlich nicht gelesen. Die Worte für meine Lieder schnappe ich sozusagen aus der Luft auf.

Der Begriff „Versöhnung sollte bei einem gläubigen Menschen eine große Rolle spielen. Wie sieht es denn mit einer Versöhnung mit Moses P. in Zukunft aus ?

Ronald Halmen. Leimen Das wird man sehen, ich bin zu einer Versöhnung bereit. Aber auf deranderen Seite müssen auch bestimmte Dinge geklärt werden. Solange die nicht geklärt sind, muss man auch nicht weiter darüber nachdenken, aber wenn man weiß, man ist generell dazu bereit, dann kann man auch jetzt eine gerichtliche Entscheidung ganz gut verkraften. Zur Zeit läuft ja noch ein Prozess.

Glaubst du an den Gott, den dir..unsere konventionelle Kirche reindrückt, so mit Himmel und Hölle?

Sabine Besold, Feucht (überlegt lange) Da gibt es viel zu diskutieren, das würde jetzt zu weit führen. Ich kann da nur meine Texte dazu schreiben.

In einem Interview mit dem MUSIK-EXPRESS hat du Amerika als Babylon bezeichnet. Du hast damals prophezeit, dass Amerika untergehen würde, dass es ..ganz oben auf der Abschussliste stehen würde. Angesichts der Flugzeugattentate vom 11. September 2001 scheinen sich deine Aussagen bewahrheitet zu haben. Würdest du die Terroranschläge als unmittelbaren Zorn Gottes gegen Amerika bezeichnen oder handelt es sich primär um menschliches Versagen?

Sebastian Krug, Biedenkopf-Wallau Da ist alles mit drin. Man kann die Bibel natürlich so auslegen, dass Gott auf diese Art straft. Aber so weit gehe ich nicht. Ich denke, dass es sich um Ereignisse handelt, die nicht verhindert wurden, egal von welcher Seite. Gewalt ist doch immer wieder das letzte Mittel, um Menschen dazu zu bringen, umzudenken bzw. sich Gedanken zu machen. Das amerikanische Volk hat sich ja nicht sehr darum gekümmert, was in der Welt vor sich geht. Da sind viele Amerikaner inzwischen anders drauf. Wenn ein Land wie Afghanistan jetzt frei sein kann und nicht mehr unter diesem Regime leben muss, dann ist das ja im Prinzip gut. Leute, die über Jahrzehnte gequält wurden, bekommen jetzt eine Chance, wieder aufzuatmen. Und wenn dann noch hinzukommt, dass wir wieder enger zusammenrücken, dann sind die Leute mit Sicherheit nicht umsonst gestorben. Meine kleine Aufgabe ist es, mit meiner Musik die Leute auf solche Sachen vorzubereiten.

Worum gibst du dich so arrogant und überheblich?

Bettina Schmidt, Mühlheim am Main Meiner Meinung nach tue ich das nicht, aber es kann natürlich sein, dass es so rüberkommt, weil ich zum Beispiel keine Autogramme gebe. Eigentlich liegt es mir aber sehr fern, so rüberzukommen. –*