Yes Story


Mit 'Tales From Topographie Oceans' erschien kürzlich das bislang neueste Album der englischen Gruppe 'Yes'. Die Anzahl der Platten, die inzwischen von Yes herausgekommen ist, fängt langsam an, respektable Formen anzunehmen. Deshalb haben wir die Band von Geburt an unter die Lupe genommen, umso mehr auch, weil in letzter Zeit Stimmen laut wurden, die den nahen Tod der Gruppe verkündeten. Überhaupt scheint es momentan Mode geworden zu sein, grosse, bekannte Gruppen zu verreissen; man braucht nur einen Blick auf Emerson, Lake & Palmer oder Jethro Tüll zu werfen. Dennoch gibt es keinen Zweifel daran, dass Yes im Augenblick noch immer eine der populärsten Bands unserer Tage ist. Wenn man sich die internationalen Pop-Polls ansieht, findet man sowohl die Gruppe als auch deren einzelne Mitglieder hoch oben plaziert. Vor ungefähr vier Jahren hatte noch kaum jemand von ihnen gehört, aber die Show-Biz-Spezies, die andauernd nach neuen Talenten Ausschau halten, hatten Yes gleich bei Erscheinen ihrer ersten LP entdeckt. Der definitive Durchbruch der Gruppe stellte sich jedoch erst mit dem Erscheinen des zweiten Albums ein. Damals nannte man die Yes-Klänge noch Underground-Musik, und dieser Stempel sollte vorläufig auf der frisch-gebackenen Formation haften bleiben. Dennoch, schon damals stiegen die englischen und deutschen Musikzeltschriften auf Yes ein und trugen nicht unwesentlich dazu bei, dass der weltweite Erfolg nur noch eine Frage der Zeit war.

so ging s los

‚La Chasse‘ heisst ein kleines Pub in der Londoner Wardour Street. 1968 war es der Treffpunkt vieler Musiker. Dort entdeckten auch der Sänger Jon Anderson und Bassgitarrist Chris Squire ihr gemeinsames Interesse an anspruchsvoller Popmusik. Jon Anderson, der seine musikalische Laufbahn bei ‚The Warriors‘, der Gruppe seines Bruders, begann, zu ‚Sleep In‘ überwechselte und schliesslich bei ‚The Gun‘ landete, beschloss zusammen mit Chris, der von ‚The Syn‘ kam, eine neue Band zu gründen. Jon: „Chris und ich beschlossen Popmusik zu spielen und zwar kein Top Ten-Zeug. Wir wollten versuchen, die ganzen alten Pop-Nummern anders, neuartig zu spielen.“ Chris: „Zunächst bewegten wir uns auf so einer Art Fifth Dimension-Trip.“ Jon: „Heute schreiben wir das Material selber. Wir haben uns vor allem nach Gruppen wie The Nice‘ gerichtet. Wir wollten einen Kompromiss zwischen der Musik von ‚The Nice‘ und den ‚Fifth Dimension‘ schaffen. Irgendwann haben wir uns von einem Freund 300 Pfund Sterling geliehen, und nachdem wir einen Monat geübt hatten, traten wir erstmals so hier und da auf für ganze fünfzehn Pfund.“

yes war geboren

Tony Kaye, der mal bei ‚Winston Fumbs‘ spielte, wurde kurzerhand aus seiner augenherausgetrickst und hinter die blicklichen Band ‚Bitter Sweet‘ Orgel gepflanzt. Drummer Bill Bruford wurde mit Hilfe einer Anzeige im ‚Melody Maker‘ an Land gezogen, und Peter Banks trieb man erst ein paar Tage vor dem ersten Gig im Londoner Marquee Club auf. Das Yes-Repertoire bestand damals zum Teil aus eigenem Material und zum Teil aus Songs von den Beatles und von Crosby, Stills, Nash & Young.

So richtig beginnt die Yes-Geschichte eigentlich erst im Oktober ’68. An einem Sonntagabend desselben Monats ist Ray Flynn, der Manager des legendären Speakeasy-Clubs in London, ratlos: Er musste für die plötzlich ausgefallenen ‚Sly & The Family Stone‘ in Minutenschnelle Ersatz finden. Tony Stratton-Smith, der Manager der ‚Nice‘, rät ihm, es mit Yes zu probieren. Flynn holte daraufhin die Yes-Jungs im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Bett und besorgte damit dem inzwischen unruhig gewordenen Sly-Publikum doch noch einen bedienten Abend. Jon: „Ich wohnte nur um die Ecke und hatte mich gerade schlafengelegt, als das

Damit war also der erste Stein zur Karriere von Yes ins Rollen gekommen. Flynn ist so mitgerissen, dass er den Speakeasy-Club aufgibt und Manager der Band wird. Den ersten grossen Gig hat Yes beim Abschiedskonzert von ‚Cream‘. Die Band hinterlässt so einen starken Eindruck, dass nicht nur die Musikzeitschriften sondern auch die Tagespresse darüber berichtet.

Danach läuft alles wie am Schnürchen: Bei Peter Brady’s Silvesterfete werden sie als die Gruppe von 1969 vorgestellt und auf dem grossen Plumpton (National Jazz- and Blues) Festival werden sie entgültig anerkannt.

Action

Kurze Zeit später wird die erste Single aufgenommen, ‚Sweetness/Something’s Coming‘. Nach einem kurzen Fernsehspot in der englischen Serie ‚Jam‘ kamen sie vor rund vier Jahren zum erstenmal nach Deutschland und zwar nach Berlin. Sie brachten das Publikum zum Rasen, nicht einer blieb ruhig auf dem Stuhl sitzen.

Die Action-Zeit hat also für Yes begonnen. Im Dezember wird eine Tournee durch die Schweiz gemacht und danach kommen Angebote aus ganz Europa. Inzwischen ist die erste LP ‚Yes‘ erschienen. Sechs der acht Nummern sind selbst geschrieben; der Song ‚I See You‘ stammt von Jim McGuinn & David Crosby und ‚Every Little Thing‘ von Lennon und McCartney. Die Musik ist für die damalige Zeit noch recht neu, aber es ist klar, dass dieser Sound es wohl machen wird. Die ziemlich schwache, ab und zu heisere Stimme von Jon Anderson und der typische Bassound von Chris Squire sind bis jetzt die belangreichsten Elemente. Auch das Echo, das aber erst später hinzugenommen wurde, tut ein Übriges dazu, das Gefühl von Weite zu verschaffen. Nach einer ziemlich langen Künstlerpause kommt Yes im Juni 70 mit einer neuen LP ‚Time And A Word‘ zurück. Die Scheibe ist von Tony Colton produziert und mit einem Orchester zusammen aufgenommen worden.

Es sind fantastische Songs drauf, wie ‚No Opportunity Necessary‘ und ‚No Experience Needed‘ von Ritchie Havens und ‚Then‘, eine Nummer von Jon Anderson, in dem seine Gesangsparts besonders gut sind. Neben der Stephan Stills Komposition ‚Everyday‘ ist noch der Titelsong ‚Time And A Word‘ besonders hervorstechend, denn das Arrangement dieser Songs ist ausgesprochen originell. Inzwischen geht Yes schon bedeutend professioneller an die ganze Sache, als man es gewohnt war. Nach dieser LP kann man ein neues Yes-Merkmal erkennen, nämlich den schnell wechselnden Rhythmus, und dass sogar zwei verschiedene Rhythmen gleichzeitig gespielt werden.

2. findet man auf der Platte zum erstenmal den Namen des Produzenten Eddie Offord, ein Name, der später zu einem Begriff wird, ohne den man sich kaum noch eine Yes-LP vorstellen kann.

Personelle Veränderungen

Trotz des zunehmenden Erfolgs gibt es doch interne Meinungsverschiedenheiten. So verlässt im Juni 1970 Peter Banks die Gruppe und wird durch Steve Howe ersetzt. Peter Banks selbst gründet eine neue Formation ‚Flash‘, die zuerst wohl in Richtung Yes tendiert, im Laute der Zeit aber keine ernstzunehmende Konkurrenz ist. Heute sind von ‚Flash‘ drei LP’s erschienen: ‚Flash‘, ‚In The Can‘ und „Out Of Our Hands‘. Danach hat Peter mit Jan Akkerman zusammen eine LP herausgebracht.

Steve Howe ist schon lange kein unbeschriebenes Blatt mehr. Bevor er zu Yes kam, hatte er in ziemlich vielen Gruppen gespielt, wie The Syndicates‘, ‚Incrowd‘, den Pink-Floyd ähnlichen ‚Tomorrow‘ und schliesslich ‚Bodast‘, die im Januar 1970 auseinandergingen.

Steve: Seit jenem Januar suchte ich ’ne neue Band. Eines Abends rief mich dann Chris Squire an, und fragte, ob ich Lust hätte, ihr neues P.A. System zu probieren. Ich hatte Bock und seitdem sitze ich bei Yes. Bill Bruford: Steve ist ein astreiner Gitarrist und wir können ausgezeichnet mit ihm arbeiten. Peter sagte nie was. Steve redet über alles und wir wissen woran wir sind. Ausserdem können wir mit ihm dreistimmig singen.

Steve: Die meisten Leute glauben, dass ich eine klassische Ausbildung habe, aber ich hab‘ mir alles selbst beigebracht. An meinem 10. Geburtstag hab‘ ich meine erste Gitarre bekommen. Heute spiele ich drei: eine elektrische Gibson, eine akustische Martin und eine Vachalin. Pete Townshend hat mich mal als Anhalter mitgenommen und seitdem vergleichen wir unsere verschiedenen Meinungen über Gitarren. Wir sind ziemlich contra. Ich kann nicht spielen, wenn Schweiss auf den Saiten sitzt. Dann zieht es auch irgendwie an der Haut und verändert den Ton.‘

Yes hat also mit der Wahl von Steve Howe voll ins Schwarze getroffen. Was auf den ersten Blick nicht jedem ins Auge sticht, ist, dass Yes fast ausschliesslich aus Solisten besteht. Jon Anderson mit seiner ganz eigenen Stimme, Chris Squire (auch Autodidakt) der seinen Bass über eine ‚fuzzbox‘ jagt und dadurch den breiten, schweren Bassound erzeugt, und Bill Bruford, ein hervorragender Drummer mit deutlichen Jazz-Tendenzen. Nur Tony Kaye ist eine Figur im Hintergrund und es stellt sich bald heraus, dass er nicht so richtig zu der Gruppe passt.

Golden American

Im August 70 nimmt Yes den Simon & Garfunkel-Song ‚America‘ auf. Danach ziehen sie sich zurück, um erstmal Steve richtig einzuspielen und um sich auf eine Amerika-Tournee vorzubereiten. Da sie aber noch nie eine Tour durch England gemacht haben, beschliessen sie, das erstmal nachzuholen und zwar zusammen mit der amerikanischen Band Iron Butterfly. Auf dieser 28-Tage Tournee fühlt sich Iron Butterfly so von Yes angemacht, dass sie vorschlagen, zusammen eine LP aufzunehmen. Während dieser Tournee passiert es auch öfter, dass das Publikum Yes auf die Bühne ruft und deshalb spontane Jam-Sessions stattfinden. Yes wird in ganz England unheimlich gut aufgenommen und teilweise bekommen sie sogar bessere Kritiken als Iron Butterfly. Im Mai 71 ist es endlich soweit: Yes geht nach Amerika. Golden America entpuppt sich allerdings als reichlich schwarz; die Tour, auf der sie im Vorprogramm von Jethro Tull spielen, wird ein grosser Reinfall. Dass sie noch total unbekannt sind, mag u.a. auch ein Grund dafür gewesen sein. Ein wesentlicherer Grund liegt aber wohl mehr in den Spannungen innerhalb der Gruppe. Tony Kaye, der Schüchterne, verlässt kurz darauf die Band. Tony gibt bekannt, dass er total unzufrieden war, aber die anderen Bandmitglieder haben Zweifel an seiner Kapazität bekommen. Sie sind der Meinung, sein Improvisationsvermögen wäre den Kompositionen von Anderson und Squire einfach nicht mehr gerecht gewesen und auch hätte sein technisches Können die Grenzen erreicht. Ausserdem käme es der Gruppe zugute, denn Steve Howe hätte ein bedeutend höheres Level, wodurch die Band also im ganzen höher liege.

Ein Ersatzmann ist schnell gefunden, denn Jon und Chris hatten schon länger einen bestimmten Typ im Auge. Es ist Rick Wakeman. Ihm gefiel es auch seit einiger Zeit mit den ‚Strawbs‘ nicht mehr und er sagte Yes sofort zu.

Rick: Ich glaube, dass ich die Strawbs stark beeinflusst habe, aber in eine falsche Richtung. Ich hoffe auch, dass sie keinen anderen Keyboard-Spieler finden, sie haben nämlich etwas ganz anderes nötig.‘ Rick ist wohl schon immer Musiker gewesen. Mit sechs Jahren wollte er Konzertpianist werden und später Lehrer. Heute kann er zwar Unterricht geben, aber als Session-Musiker verdient er das Dreifache. Seine Sessions nahmen immer mehr zu und schliesslich war er in einer Gruppe, den Strawbs.

Nach diesen Unruhen erscheint Anfang August 71 die dritte LP, ‚The Yes Album‘. Mit dieser Platte öffnen sich die Türen zum Weltruhm, erst jetzt kommen von überall die Begeisterungswellen und Anforderungen. Es ist nicht so erstaunlich, denn was man auf dieser Scheibe hört, fällt mit Sicherheit unter ‚darf in keiner Plattensammlung fehlen‘. Viele Kenner finden, dass dies die beste Platte ist, die Yes jemals gemacht hat. Vor allem das Debüt von Steve Howe ist in dem Live-Stück ‚The Clap‘ super. Seine happy-go-lucky-Donald-Duck-Musik und sein scheinbar unbegrenztes Können bringt jeden Musik-Fan zum Flippen. Eröffnungsvolltreffer ‚Yours Is No Disgrace‘ zeugt von unheimlich viel Gefühl und Raffinesse. Zwei Songs sind Gemeinschaftskompositionen: ‚Starship Trooper‘ und ‚Ive Seen All Good People‘. Den ersten Song kann man in drei Teile aufteilen: a) Life Seeker (Anderson), b) Disillusion (Squire) und c) Wurm (Howe) und die zweite Nummer in a) Your Move (Anderson) und b) All Good People (Squire). Auch das beatlesähnliche Stück ‚A Venture‘ (Anderson) und das fantastische ‚Perpetual Change‘ sind astrein. In dem letzten Song kommt Jon Anderson mit einer sehr klaren und gefühlvollen Stimme unheimlich gut zum Ausdruck.

Zerbrechlich

Als Rick endlich definitiv bei Yes gelandet ist, muss er seine ganze Kraft sofort in die Aufnahmen zu einer neuen LP stecken, die von Eddie Offord produziert wird. Im September erscheint ‚Fragile‘ und kriegt wahnsinnig gute Reaktionen. In Amerika ist die Platte innerhalb von vier Wochen an der Spitze der Top 100 und jeder ist vom Debüt Wakeman’s fasziniert. Fünf Nummern der LP sind Ideen einzelner Gruppenmitglieder und auch von ihnen selbst arrangiert. ‚Cans and Brahms‘ ist eine Bearbeitung von Rick über die vierte Symphonie von Brahms; ‚We Have Heaven‘ ist eine Komposition Andersons, wobei er natürlich besonders auf die Gesangsparts grossen Wert gelegt hat. ‚Five Percent For Nothing‘ kommt aus der Feder von Bill Bruford. Er zeigt hier sein wahnsinnig ausgefeiltes Rhythmusgefühl und man kommt erst richtig auf den Geschmack, wenn man den Song 10 mal gehört hat. In ‚The Fish‘, von Chris Squire, merkt man, wie abwechslungsreich ein Bass klingen kann und ‚Mood For A Day“ von Steve Howe kann man insofern mit ‚The Clap‘ vergleichen, als beide Songs technisch hervorragend bearbeitet sind. Der Unterschied zwischen diesen Nummern ist, dass Steve in ‚The Clap‘ mit einem Plectrum spielt und in ‚Mood For A Day‘ mit den Fingern.

Last but not least eine Gemeinschaftskomposition der Band ‚Heart Of Sunrise‘. Hier wird das Hauptthema in vielen verschiedenen Zwischenstücken variiert; das Tempo wird immer schneller und schneller und endet schliesslich als grosser Höhepunkt wieder im Hauptthema.

Sämtliche Songs behandeln Naturereignisse wie Sonne, Regen, Sturm, Licht, Wärme und Kälte. Das wird auch schon im Cover deutlich, das von Roger Dean, einem ausgezeichneten Maler, illustriert ist. Später hat Yes immer wieder diesen Zeichner für die Covergestaltung an Land gezogen. Nach dieser LP stellen sie die Songs England vor und gehen danach bis Januar 72 auf Amerikatournee. Von dieser LP ist auch eine Single ‚Roundabout‘ erschienen Rick: Wir haben echt abgeschnallt. Die Leute waren total enthusiastisch und die Konzertsäle überfüllt. Einmal stand unser Hotel ganz nahe beim Gig und hinterher versuchten die Leute, mit Leitern zu uns zu kommen. Stell dir vor, wir wohnten im sechsten Stockwerk! Ich konnte es damals echt nicht haben, zumal meine Frau zu der Zeit gerade ein Kind erwartete.‘

Als das Baby kam, sass Rick irgendwo mitten in Amerika. ‚Ausserdem war ich damals ‚auch noch so genervt von den Gerüchten, dass ich Yes wieder verlassen würde‘. Zu der Zeit war Rick nämlich noch damit beschäftigt, sein Solo-Album ‚The Six Wives Of Henry VIII‘ fertigzustellen. ‚In Geschichte war ich immer ’ne Null, aber das faszinierte mich. Ich hab‘ versucht, in den Songs die verschiedenen Charaktere dieser Frauen zum Ausdruck zu bringen.

Bruford & Fripp

Im April erscheint ein schockierendes Interview mit Bill Bruford im englischen Melody Maker. Bill: ‚Ab und zu will ich auch mal falsche Noten spielen und das sitzt mit Yes nicht drin. Alles, aber auch alles wird tausendmal durchgekaut bevor wir es spielen. Dann wird natürlich nichts mehr falsch gemacht, aber ich hätte mehr Bock, einfach den ganzen Tag zu spielen, egal ob gut oder schlecht. Hinterher könnte ich immer noch die guten Sachen herausholen.‘ ‚Ich bin sowieso der Meinung, dass man eine Band verlassen sollte, sobald man genug von ihr gelernt hat. Vor ein oder zwei Jahren stand unheimlich viel Mist in den Zeitungen über die Splits verschiedener Gruppen, aber ich finde nur ,dass es ein gutes Zeichen ist; dann sind die Leute wenigstens ehrlich.‘

Nach diesen Sprüchen ist die Gruppe ziemlich sauer und so verlässt Bruford nach Erscheinen von ‚Close To The Edge‘ die Band, um zu Robert Fripp’s King Crimson überzuwechseln. Einige Zungen behaupteten, dass Bruford total von Fripp beeinflusst worden sei, aber Bill’s Vorstellungen gingen schon lange in Richtung experimenteller Musik. Im Sommer 72 erscheint ‚Close To The Edge‘, wieder mit einem heissen Cover von Roger Dean. Rick: Bill hat seine Schiessbude verdoppelt und ich habe mir ’n paar neue Instrumente angeschafft: zwei Mellotrons, zwei Moogs, ein E-Piano und einen Computer für alle Keyboards.‘

Das neue Album besteht aus drei Kompositionen. ‚Close To The Edge‘ dauert 18,12 Minuten, ist von Anderson und Howe

geschrieben und besteht aus vier Teilen: a)The Solid Time Of Change, b) Total Mess Return, c) I Get Up, I Get Down und c) Seasons Of Man. Auf der zweiten Seite ist auch so ein langes, aufgeteiltes Stück: And You And I. Dieser Song (von Bruford, Howe & Squire) besteht aus a) Cord And Life, b) Eclipse, c) The Preacher And The Teacher und d) Apocalypse.

Jon: ‚Close To The Edge‘ beginnt mit dem Strömen eines Flusses, dann wird das Rauschen langsam elektronisch und entwickelt sich zur Musik. Das sind Träume, die ich hatte und es machte viel Spass, Musik daraus zu machen.‘ Die Platte wird mit gemischten Gefühlen empfangen. Schon zwei Wochen vor Erscheinen wird sie allein durch die Vorbestellungen zu Gold. Ein grosser Teil der Yes Fans ist allerdings total abgetörnt: Yes hat überhaupt kein Feeling mehr, das ist Musik für Roboter‘. Andere Leuten entdecken erst jetzt die Band: Die Gruppe macht fantastische, total entspannte Musik‘.

Im Herbst 72 geht die Gruppe mal wieder nach Amerika. Diesmal mit einem neuen Drummer, Alan White. Alan war schon sehr lange in der Scene und hat als Session-Musiker auf vielen Platten mitgewirkt, u.a. mit John Lennon, George Harrison, Eric Clapton und Joe Cocker. Jon: Nach .Amerika gehen, ist nicht nur eine Frage von mehr Geld verdienen. Es ist vielmehr die Tatsache, dass da viel mehr Menschen wohnen die uns hören wollen, aber wir spielen ja auch unheimlich oft in England. Ausserdem gehen wir nur in die Staaten, wenn wir was Brandneues haben und diesmal ist es eben das Debüt von Alan. Alan: Die ersten Gigs waren für mich noch sehr fremd und neu, aber das war nach einer Woche vorbei. Ich finde es gut, wenn man nicht so sehr an was Altem klebt und sich schnell eingewöhnen kann‘. In Amerika hatte sich die Anzahl der Fans nach ‚Fragile‘ verdreifacht und die Tour wurde ein Riesenerfolg.

Japan und Australien

Nach Weihnachten 72 hat Yes nacheinander in Australien und Japan Gigs.

Jon: In Australien hatten sie ja schon die Stones so mies behandelt und jetzt waren wir an der Reihe. Wir kamen schnell dahinter, dass sie dort eine fürchterlich schwache Presse haben, die das Publikum überhaupt nicht vertritt.‘ Steve: Als wir in Sydney ankamen, wurden wir sofort in einen Raum dirigiert, in dem ’ne Fernsehkamera stand. Dieser Hampelmann hinter der Kamera stellte uns dann die Intelligenzfragen: In euerer Biographie steht, dass ihr die ungeheuerlichste und wahnsinnigste Band der 70iger Jahre seid. Ich finde aber, dass ihr ganz normal, wie jede andere Band ausseht, wirklich, ich kann nichts Besonderers an euch finden. Was ist denn jetzt das Einmalige? Ich glaube, dass ich dann einen Brief nach Hause geschrieben habe: Die spinnen, die Australier! Das Publikum ist aber astrein, es swingt enorm mit. Da ist Japan ganz anders. Während wir spielen sind die Leute ganz still, aber dann, am Ende des Konzerts brechen sie in Begeisterungsstürme aus.

Nach der Rückkehr aus Japan gehen sie für einen Monat nach Los Angeles und im April 73 wieder auf Amerika-Tournee. Yes ist dort inzwischen so angesagt, dass jedes Konzert ein Erfolg ist. Während dieser Zeit entstehen auch die ersten Gedanken für das nächste Album, eine Dreifach-LP. ‚Yessongs‘ ist eine Kollage aller Songs, die auf den Platten ‚The Yes Album‘, ‚Fragile‘ und ‚Close To The Edge‘ erschienen sind, mit dem Unterschied, dass diese ‚Yessongs‘ live aufgenommen worden sind. Jon: Ich glaube, dass jede Band live-LP’s machen will. Leute, die auf Yes stehen, werden diese Scheibe unwahrscheinlich gut finden; wir haben dieses Album eigentlich nur für unsere Fans aufgenommen. Ein paar Tracks haben wir in der ‚Academy of Music‘ in New York vor V/i Jahren gespielt, als Bill noch dabei war. (Bill Bruford jammt in ‚Perpetual Change‘, Long Distance Runaround‘ und ‚The Fish‘. In den restlichen Songs spielt Alan White.) Die anderen Nummern sind in Knoxville und Greensborough (Süd-Amerika) aufgenommen‘.

Entspannen

Nach Erscheinen dieser LP nimmt sich die Gruppe endlich mal die Zeit zum Relaxen, d.h. sechs Monate nicht on the road gehen, sondern Ideen für eine neue Platte kommen lassen. Eigentlich sollte im Oktober eine Amerika-Tournee stattfinden. Die platzt aber und deshalb gehen sie auf Tournee durch England und stellen ihren Landsleuten das neue Material vor. Obwohl die Show oft schwache Punkte hat, kommen sie gut an.

Im Dezember erscheint nach langem Warten endlich die neue Platte. (Wegen der Ölkrise waren beim Pressen einige Schwierigkeiten entstanden). Tales From Topographie Oceans‘ besteht aus vier langen Kompositionen: The Reveiling Science Of God‘, ‚The Remembering‘, ‚The Ancient‘ und ‚Ritual‘. Die Kritiken hierauf sind sehr enthusiastisch, sowohl total degradierend als auch in höchsten Lobsprüchen.

Letzte Neuigkeiten

Ob Yes in Richting von ‚Topographie Oceans‘ weitermacht, bleibt abzuwarten. Es kann natürlich durchaus möglich sein, dass sie sich die Kritiken zu Herze nehmen und wieder auf den Stil von ‚Fragile‘ zurückgreifen, wer weiss. Bekannt ist, dass Jon Anderson, Chris Squire und Steve Howe dabei sind, je eine Solo-LP zu machen, was aber nicht bedeutet, dass sie Trennungsgedanken haben. Augenblicklich ist Yes in Amerika und es steht fest, dass sie anschliessend eine Welttournee machen und dabei auch in Deutschland vorbeischauen werden.

YES discographie (der in Deutschland erschienenen Platten):

Single: And You And I (Part 1 + 2)

LP’s: The Yes Album

Fragile

Close To The Edge

Yessongs

Tales From Topograhpic

Oceans

Two Originals Of Yes