Bloc Party

Hymns

Infectious Music/PIAS/Rough Trade VÖ: 29. Januar 2016

Band- oder Soloplatte? Auf jeden Fall ist das hier eine ganz eindeutige Pop-Platte – post-indie quasi.

Yes Sir, wir schätzen es durchaus, wenn Musikschaffende den Mut zur Verwandlung finden und so zu etwas Neuem, Ungeahntem gelangen. Zumindest gefällt uns die Idee von uns als progressive Rezipienten. Dass Bloc Party jetzt, die nach Umbesetzungen an Drums und Bass als neue Band an den Start gehen, in einem „Blind Date“ stellenweise selbst von ihren Fans nur noch am Gesang von Kele Okereke zu erkennen sein dürften – das macht uns gar nichts. Und auch dass ihr fünftes Album nach einer Band klingt, die kein Problem damit hat, in einer zeitgenössischen Pop-Produktion der 1 000 Sound- und Plug-in-Optionen aufzugehen – und das vor dem Hintergrund des Vorgängers FOUR (2012), der noch mit Bratzgitarren und Boller-Schlagzeug den Willen von Bloc Party fast überbetont hatte, als revitalisierte, echte Rockband wahrgenommen zu werden: Das geht schon klar.

HYMNS hinterlässt allerdings schon den Eindruck, als hätte Kele Okereke Bloc Party so umgebaut, dass es für ihn erst einmal keine Notwendigkeit mehr für Soloausflüge gibt. Erfreulich daran ist, dass er in der Rolle des sensiblen bis schwer sentimentalen Vokalisten, der mehr Platz zur Entfaltung findet, hörbar aufblüht. Denn wenn die Musik zu viel Druck macht, FOUR hat das gezeigt, treibt sie ihn in die Ecke, macht ihn flach. Zumindest gilt das für den heutigen Kele, der sich mehr um jede einzelne Note bemühen möchte. In Songs wie dem vorab veröffentlichten, Discotheken-tauglichen Opener „The Love Within“ und auffällig aufgeräumt arrangierten Melancholic-Popstücken wie „So Real“ und „Different Drugs“, in denen die abgeordnete Gitarre sehr eng umrissene Aufgaben gestellt bekommt, stehen seine Gesangsmelodien eindeutig im Vordergrund.

Und an der Balladen-Parkposition – Song fünf von elf – wartet mit „Fortress“ ein atmosphärisches Etwas aus diffusen Synthesizer-Sounds, E-Piano und minimalem Drumbox-Einsatz, das dem (vier Jahre alten) Frühwerk des neuen R’n’B-Stars The Weeknd viel näher steht als der Post-Postpunk-Vergangenheit von Bloc Party. Nur: Weder ist Kele Okereke tatsächlich der große Soul-Sänger, noch besitzt er das außerordentliche Songwritertalent, um hier richtig was zu reißen.

Am Ende gilt das leider für das gesamte Album. Es muss schon wirklich alles stimmen in der Balance der auf HYMNS sehr übersichtlich eingesetzten Mittel, um mehr zu holen als nur ein paar Punktsiege im laufenden Wettbewerb trüber Winterabend vs. bittersweeter Kuschelpop­rock. Und selbst der stilistische Ausreißer der Platte reißt da nichts raus: Schließt man die Augen bei der frech but bloß not so frech angebluesten Vorabsingle „The Good News“, steht da plötzlich der um die Nase ganz blasse Martin L. Gore vor einem und zupft dieses Lick. Das kann’s doch irgendwie nicht sein, oder?