Suede

Night Thoughts

Warner VÖ: 22. Januar 2016

Post-Britpop: Brett Anderson führt uns wieder hinab, in die Kellerstuben seines Lebens. Früher waren diese allerdings weniger kuschelig ausgestattet.

BLOODSPORTS, das erste Album nach elf Jahren, war 2013 als allerletztes Kapitel der Biografie von Suede gedacht. Auf den Seiten davor, den A NEW MORNING betitelten New-Age-Märchen, stand einfach zu viel Quatsch. BLOODSPORTS erreichte das Früh-90er-Hochniveau der Band zwar längst nicht, warf aber mit „It Starts And Ends With You“ einen Ohrwurm ab, chartete im UK 14 Plätze höher als der auf Rang 24 verreckte Vorgänger und trug durchaus zur Reparatur der Band-Reputation bei. Letztlich also gar nicht so verwunderlich, dass die Band um Brett Anderson jetzt nachlegt.

NIGHT THOUGHTS hat nichts mit Hans Joachim Kulenkampffs versöhnlichen „Nachtgedanken“ zu tun, sondern ist ein Konzept­album über die „Phantom Menace“, die nicht greifbare Angst, die einen überfällt, wenn man nachts spontan aufwacht und „die Wände über einem zusammenbrechen“, wie Anderson sagt. Diese Hysterie,die Kollege Noel Galla­gher so treffend in „Gas Panic!“ beschrieb: „What tongueless ghost of sin crept through my curtains? Sailing on a sea of sweat on a stormy night“. Leider ertrinkt dieser vielversprechende Ansatz im für Anderson immer typischer werdenden Schwulst – wie die junge Frau auf dem Cover, das übrigens fast so aussieht wie das von Chelsea Wolfes ABYSS. Immerhin: Am Ende von „Tightrope“ wartet ein himmlisches Streicher-Arrangement, auf „What I’m Trying To Tell You“ spielt Richard Oakes so catchy Gitarre wie seit dem Glam-Pop von COMING UP nicht mehr.

Interview mit Suede: „Es geht darum, überwältigt zu werden“
Das Schlagzeug-lose „Learning To Be“ mit seinen Ambient-Flächen und Klang-Collagen erinnert daran, dass Suede auch mal als experimentierfreudig galten (das gloriose „Introducing The Band“, das gescheiterte HEAD MUSIC). Und was für ein potenter Sänger Anderson mit seinen bald fuffzich Jahren doch immer noch ist! Die Band gibt sich redlich Mühe. NIGHT THOUGHTS ist bestimmt keins ihrer Selbstverstümmelungs-Alben, wird in ihre Geschichte aber als weiteres Übergangskapitel zum würdevollen Finale eingehen, mit dem sich der Kreis schließen wird. Hoffentlich.