11 Fakten über Musik und Mauerfall


l. Der Boss ging schon mal vor

Am 19. Juli 1988 trat Bruce Springsteen als größter westlicher Act in Ostberlin auf.

„Rockkonzerte mit zehntausenden Besuchern haben sich als wirksame Form der massenpolitischen Arbeit der FDJ bewahrt“, hatte der SED-Zentralrat festgestellt und Springsteen als progressiven Künstler mit antikapitalistscher Gesinnung für DDR-tauglich befunden. 200.000 Leute fluteten die Radrennbahn Weißensee, wo Springsteen seiner Hoffnung Ausdruck verlieh, „dass eines Tages alle Barrieren abgerissen“ würden. Der Satz wurde aus der Übertragung von DT 64 geschnitten. 16 Monate später fiel die „Barriere“.

2. Der Mauerfall setzte Roger Waters unter Zugzwang

Im Juli 1989 tönte Ex-Pink-Floyd-Kopf Roger Waters, der einzige Anlass, zu dem er noch mal THE WALL live inszenieren würde, wäre der Fall der Berliner Mauer — der erschien ihm offenbar so fern, dass er anfügte, er würde dann vielleicht sogar seinen verfemten Ex-Kollegen David Gilmour Gitarre spielen lassen. Vier Monate später war die Mauer offen, im Juli 1990 stieg die „Wall“-Show am Potsdamer Platz mit vielen Gaststars – ohne Gilmour.

3. Die Sektion Rock gab Schützenhilfe

Am 18. September 1989 verfasste eine Riege von DDR-Musikern eine Resolution, die „die unerträgliche Ignoranz der Staatsund Parteiführung“ kritisierte, die Aktivitäten der Bürgerrechtler begrüßten und demokratische Reformen forderte. Nach einem Veröffentlichungsverbot für die „Rockerresolution“ verlasen Unterzeichner wie Silly, City und Pankow sie auf Konzerten. Eine außerordentliche Vollversammlung der Sektion Rock beim Komitee für Unterhaltungskunst am 16. Oktober verschärfte die Forderungen.

4. Ein Cellomeister hatte viel zu streichen

Der russische Cellist und Reeimekritiker Mstislaw Rostropowitsch reiste sofort nach dem Mauerfall nach Berlin und spielte am 11. November 1989 am Checkpoint Charlie für die Leute Bach-Suiten. Zumjubiläum führte er 1999 am Brandenburger Tor ein Ensemble von 166 Cellisten-als Backing-Orchester für die Scorpions, die auf Einladung von Gerhard Schröder aufspielten.

5. Crosby, Sülls & Nash wurden Mauerspechte

Neun Tage nach Rostropowitsch schlugen Crosby, Stills & Nash an der Mauer auf, die ebenfalls spontan Flüge gebucht hatten. In Anoraks sangen sie am Brandenburger Tor, dann meißelten sie sich Stücke aus der Mauer – später in ihrem Video zu „Chippin‘ Away“ („drauflos hacken“) zu sehen.

6. JFK und Walter Ulbricht hatten einen Hit

In dem 1987 produzierten Song „Berlin, Berlin“ sangen Mitglieder des West-Berliner Jugendchores Gropiuslerchen gegen eine Handvoll geschichtsträchtigerSamplesan. Kennedys „Ich bin ein Berliner“ und Ulbrichts „Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten“

wurden in einer Remix-Version 1989 Mauerfall-Samples („Wir sind das Volk“) beigemengt.

7. Der Mauerfall verdoppelte die Karriere der Pulidvs

Die als systemkonform beleumundeten Rocker Puhdys hatten 1988 beschlossen, sich nach einem letzten Album und einer Abschiedstour Ende 1989, nach exakt 20 Jahren Bandgeschichte aufzulösen. Dann kam ein welthistorisches Ereignis dazwischen und die Puhdys beschlossen, noch etwas weiterzumachen. Und das tun sie noch heute.

8. Die Neubauten schlüpften durch die Mauer

Eine der ersten West-Bands, die ein Konzert im noch abgeteilten, aber nun zugänglichen Ostberlin gaben, waren die Einstürzenden Neubauten, die am 21. Dezember 1989 nach Berlin-Lichtenberg aufbrachen und im Saal des VEB Elektrokohle ihre Ostfans mesmerierten. Der Ausflug ist in Uli M. Schüppels Film „Elektrokohle“ (2009) dokumentiert.

9. Der Mauerfall hat viele „Soundtracks“

Das Lied, das den meisten zur Wende einfällt, gab’s 1989 noch gar nicht: „Wind Of Change“ von den Scorpions erschien erst 1991 als Single. Viel unter TV-Bilder gelegt wurden seit Ende 1989 auch Westernhagens „Freiheit“ und David Hasselhoffs unvermeidliches „Looking For Freedom“; Neil Youngs „Rockin‘ In The Free World“, erschien fünf Tage nach dem Mauerfall, wurde auch mitgenommen. DDR-Rockhörer erinnern sich derweil etwa an das Album FEBRUAR von Silly als „Soundtrack zur Wende“.

10. The Hoff hat noch eine Rechnung offen

In einem Interview mit „TV Spielfilm“ beklagte David Hasselhoff Anfang 2004, er sei “ etwas traurig“, dass im Mauer-Museum am Checkpoint Charlie kein Foto von ihm hänge, halte er es doch für „möglich“, mit seinem 1989er-Hit „Looking For Freedom“ „vielleicht indirekt“ zum Fall der Mauer beigetragen zu haben.

11. Es gibt kein Scorpions- Musical zum Mauerfall

Die Hannoveraner wurden kraft „Wind Of Change“ zu einer Art Hausband der Wende. Seit Anfang der 00er war gar von einem Musical-Projekt „Wind Of Change“ die Rede, „eine Art Politthriller, in dem es menschelt“ (Rudolf Schenker 2002). Für 2004 geplant, dann auf 2008 geschoben, sollte das Werk nun diesen November anlaufen. Die letzten Meldungen verlieren sich allerdings 2007.