Haftbefehl und die Sucht: So bewerten Drogenexperten die Doku
Wie wird die Doku in Bezug auf Suchtaufklärung von dem Bundesdrogenbeauftragten Hendrick Streeck und Drogenberaterin Feller gesehen?
Experten loben den offenen Umgang von Haftbefehl mit seinem Drogenproblem in der Dokumentation „Babo – Die Haftbefehl-Story“. „Einen Riesenrespekt an Aykut“, dass er seine Sucht so thematisiere und den Mut aufbringe, darüber so offen zu sprechen, sagte der Bundesdrogenbeauftragte Hendrick Streeck (CDU).
Bundesdrogenbeauftragter äußert sich positiv über die Darstellung
Die Szenen seien schon heftig, aber auch berührend, meinte Streeck laut „Deutschlandfunk“. Es gehe in der Doku nicht nur um den Konsum von Drogen, sondern auch darum, „wie Drogen am Ende den Menschen konsumieren“. Gerade Kokain werde in der Rap-Musik seiner Meinung nach oft als harmlos oder cool dargestellt.
Drogenberaterin: Ein gutes wie abschreckendes Beispiel für Drogenkonsum
Dem schließt sich die Stuttgarter Drogenberaterin Elena Feller an. Im „SWR“ bewertete sie den Netflix-Film als „hilfreich“. Die Dokumentation sei ein sehr gutes Beispiel dafür, wie stark Drogen jemanden beeinflussen und verändern könnten. Die Haftbefehl-Doku sei ein ebenso gutes wie abschreckendes Beispiel für Drogenkonsum. Man sehe die Folgeerscheinungen – wie Haftbefehl seine Familie enttäusche und sich verändere, heißt es bei dem Sender. Allerdings sei 25 Jahre Kokainkonsum für ihn nur deswegen möglich, weil er ein erfolgreicher Musiker sei, der über die finanziellen Mittel und das Ansehen verfüge, ist Feller überzeugt. Andere hätten dadurch ihrer Meinung nach schon längst ihre Wohnung und ihren Job verloren.
In den sozialen Medien gab es jedoch auch Kritik an der Darstellung von Sucht in der Dokumentation. Kokain werde in keinem Moment ausdrücklich als problematisch bezeichnet, so eine Nutzerin auf Instagram. Dies könne vor allem jungen Zuschauer:innen einen falschen Eindruck vermitteln.
„Je mehr Geld man hat, umso mehr kokst man“
„Babo – Die Haftbefehl-Story“ ist seit dem 28. Oktober auf Netflix zu sehen und wurde von Elyas M’Barek und Pacco-Luca Nitsche produziert. In dem Film, der Haftbefehls Leben hinter Ruhm und Erfolg von seiner persönlichsten Seite zeigt, sind auch Rapgrößen wie der inzwischen verstorbene Xatar, aber auch Celo & Abdi und Jan Delay zu sehen.
In der Doku erzählt der Deutschrapper insbesondere von seinen Erfahrungen mit Drogenkonsum und -handel. Während seine kriminelle Vergangenheit den Fans seit Langem bekannt ist, wird in dem Film erstmals deutlich, wie nah der Rapper in seinen schlimmsten Momenten dem Tod kam.
Schon als Kind sei Haftbefehl, der mit bürgerlichem Namen Aykut Anhan heißt, ins Drogengeschäft eingestiegen. „Ich habe mit 13 angefangen, Kokain zu nehmen“, erzählt er in der Dokumentation. Anstatt die Schule zu besuchen, handelte der Offenbacher auf dem Marktplatz mit Drogen. Daran änderte auch der Erfolg als Rapper nichts: „Je mehr Geld man hat, umso mehr kokst man.“
2022 erlitt der Rapper bei einem Konzert in Mannheim einen Zusammenbruch. „Ich habe acht Tage geschlafen. Acht Tage!“, erinnert er sich auf Netflix. Seine Therapeutin habe ihn gewarnt, er werde daran zugrunde gehen. Doch diese Warnung habe er ignoriert.
„Ein Gramm links, ein Gramm rechts, alle 20 Minuten“
Der Paukenschlag folgte ein Jahr später: Wie Haftbefehl in dem Film erzählt, sei er nach einem Streit mit seinem Bruder Cem, der ebenfalls unter dem Namen Capo rappt, an seinem Tiefpunkt angekommen. „Ein Gramm links, ein Gramm rechts, alle 20 Minuten“, beschreibt er seinen Kokainkonsum. In dieser Nacht brach er zusammen und musste wiederbelebt werden. „Ich war praktisch tot“, so Haftbefehl in der Dokumentation.
Bruder Capo ließ ihn daraufhin in eine Klinik in Istanbul zwangseinweisen. „Ich wäre gestorben, wenn ich da nicht hineingegangen wäre“, meint Haftbefehl heute rückblickend. Ob er den Drogen inzwischen entsagt hat, bleibt in der Dokumentation offen.
Solltest du oder jemand, den du kennst, mit Drogenproblemen konfrontiert sein, stehen mehrere Anlaufstellen für Hilfe und Beratung zur Verfügung. Die bundesweite Sucht- und Drogen-Hotline ist unter 01806-313031 zu erreichen (kostenpflichtig), die Telefonseelsorge unter 0800-1110111 oder 0800-1110222 (kostenlos und anonym) sowie die Nummer gegen Kummer unter 116111 für Kinder und Jugendliche und unter 0800-1110550 für Eltern.



