Adam Ant


Sein Piratentuch hat er gegen Schlips und Kragen eingetauscht. In der Beurteilung seiner Branchenkollegen zeigte sich der ehemalige Pop-Freibeuter weniger angepaßt. „That’s not my cup of tea“, war die britische Standardbeurteilung aus den tiefen Polstern des molligen Sofas. Auf der Suche nach Originalität und Eigenständigkeit fanden vor dem kompromißlosen Gehör des Ex-TVendsetters nur Stephan Eicher und Energy Orchard uneingeschränkte Gnade.

Gary Moore: „Oh Pretty Woman“

„Klingt wie eine typische Pub-Band. Ich mag Blues, aber ich ziehe die Originale vor: Muddy Waters, John Lee Hooker oder auch Johnny Winter. Das hier klingt ein bißchen wie Eric Clapton. Ist er’s vielleicht sogar? Blues ist angesagt zur Zeit, aber trotzdem würde ich mir so eine Platte nie kaufen.“

The Mission: „Butterfly On A Wheel“

„Ist das Iggy? Ein stimmungsvolles Stuck mit einer hübschen Melodie, nach klassischem L’2-Muster. Klingt sehr amerikanisch. Ich persönlich stehe einfach mehr auf Musik, die mir etwas gibt, was ich vorher noch nie gehört habe. Und das hier klingt letztlich wie ein Surrogat aus tausend anderen Platten.“

Midnight Oil: „Blue Sky Mine“

„Oh nein, mach das aus! Klingt wie Joe Jackson auf Acid. Da stecken allein fünf verschiedene Melodien drin! Ist wahrscheinlich Midnight Oil oder sowas, richtig? Die kann ich überhaupt nicht leiden. Als ob sie im Plattenladen alle Top Ten-Hits gekauft hätten. um daraus schnell ein eigenes Album zu basteln. Einfach nur schlecht!“

Arthur Baker: „Last Thing On My Mind“

„Wahnsinnig kommerziell. Guter Sound, gute Musiker, perfekt produziert. Das könnten auch wieder so viele sein. Halo James vielleicht, ich weiß auch nicht, wie diese Bübchen heute alle heißen. Bis jetzt trotzdem die beste Platte, wenn man sie rein als Produkt betrachtet. Könnte ein Hit werden.“

Stephan Eicher: „I Am A Story Backwards Told“

„Das ist wirklich toll. Erinnert mich an Love And Rockets‘ ,I’m Alive‘ oder an Lou Reed. Es ist ehrlich, gradlinig, einfach und trotzdem gut. Schön finde ich auch die klassische Instrumentierung, die Violinen im Hintergrund und die Spannung, die sich aufbaut, da man so lange auf den Refrain wartet. Keine Ahnung, wer das sein könnte, aber der Mann hat meinen Segen. Solche Perlen hätten es verdient, ganz oben zu landen. Das ist entschieden der Gewinner bisher.“

John Lee Hooker: „The Healer“

„Das muß Santana sein an der Gitarre! Aber sonst: was für ein Durcheinander! Musikalisch gesehen ist das natürlich eine Nummer, die jeder Musiker gut finden muß. Die Kamikaze-Gitarre am Ende ist auch nicht übel. War das Johnny Winter? Wer? John Lee Hooker? Unglaublich.“

Energy Orchard: „Belfast“

„Schöne Melodie, das ist offensichtlich eine irische Band — Energy Orchard? Eine talentierte junge Gruppe. Natürlich geht das mächtig in Richtung U2, die wohl so etwas wie einen typisch irischen Sound kreiert haben. Aber Energy Orchard machen etwas aus diesem Klischee. Schön, daß sie viel akustische Instrumente verwenden und Wert auf Melodien legen. Und sympathisch, daß sie im Text ihre eigenen Erfahrungen verarbeiten.“

The B-52’s: „Roam“

„Ich mag Mädchenbands und mehrstimmige Harmonien. Erinnert mich ein bißchen an die Roaches oder die Bangles. Die B-52’s, tatsächlich? Von denen mag ich ‚Rock Lobster‘ immer noch am liebsten, aber das ist ebenfalls ein ausgewachsener Ohrwurm.“

Drafi Deutscher: „Shake Hands“

„Das muß wohl der deutsche Shakin Stevens sein. Lustig, sowas heute zu hören, wie eine Fahrt in einer Zeitmaschine. Am witzigsten fand ich, daß die Strophen in deutsch sind und der Refrain in englisch: ‚Auf Wiedersehen, goodbye‘, das ist cool. Sollte ein Hit werden. Wer war das? Duffy Duck?“

Jule Neigel Band: „Shut Up“

„Klingt wie Eurythmics auf deutsch. Sicher kein sonderlich ausdrucksstarker Song, aber als Tanzbodenunterhaltung vielleicht ganz brauchbar. Falls die Dame obendrein noch gut aussieht, dann läßt sich sowas auch verkaufen.“

King Kong: „Flying“

„Ich habe nichts gegen Metal, in diesem Stück gibt’s zudem ein paar wirklich interessante Gitarrenriffs. Und der Gesang hat schon fast was von den Beatles, so einen Sgt. Pepper-Anklang. Metal wird im Moment sowieso immer populärer, auch im Zusammenhang mit Rap oder Hip Hop. Ein paar harte Klänge zwischendurch können nie schaden.“