Alles andere als Emo


Lange habe er nicht gebraucht für das neue Album seiner Band Clap Your Hands Say Yeah, sagt Alex Ounsworth. „Ich schreibe permanent Songs“, sagt er und zuckt mit den Schultern. „Nichts leichter als das. Diesmal ging es hauptsächlich darum, einige von ihnen in eine Form zu bringen, die mir behagt, und diejenigen auszuwählen, die zusammenpassen. Einige von ihnen habe ich schon vor dem ersten Album geschrieben. Einige sind neu dazugekommen. Die Auswahl war schwieriger als der Entstehungsprozess.“ Der Mann schöpft aus dem Vollen. Allein die Tatsache, dass ein Stück auf SOME LOUD THUNDER schlicht „Lovesong No. 7“ betitelt ist, spricht für sich.

Zwar ist SOME LOUD THUNDER kein Donnerwetter, aber das Zweitwerk der Band um Ounsworth ist unbequemer, ungemütlicher, sperriger als das Debüt aus der Vorsaison. „Satan Said Dance“, ein Stück, welches die Band schon seit Beginn ihrer Tourkarriere live spielt, ist erst auf den zweiten Blick wiederzuerkennen. Sie nehmen einem das Sitzkissen weg, die Lehne drückt ins Kreuz, fehlt nur noch, dass sie einem den Stuhl unterm Hintern wegziehen. Darauf angesprochen, runzelt er skeptisch die Stirn: „Ist das schlecht? Heißt das, es gefällt dir nicht?“ Nein, Quatsch. SOME LOUD THUNDER ist überwältigend, wenn eben auch nicht mit dem großen Knall. Die Platte grollt heran, schließt den Kopf des Zuhörers in Wolken ein, rüttelt und beutelt ihn, fordert und ist unbequem und deshalb so spannend.

Ounsworth lächelt schief. Ein bisschen erleichtert ist er jetzt schon.

Auch wenn er nicht müde wird, zu betonen, dass es ihm maßgeblich darum geht, dass seine Musik ihm selbst gefällt. „Wenn die Leute meine Sachen mögen, ist das gut. Aber ich würde niemals auf die Idee kommen, etwas zu machen, damit die Leute es mögen.“ Unbewusst könnte es sogar sein, dass das neue Werk aus genau diesem Grund etwas komplizierter ausgefallen ist. „Absichtlich mache ich so etwas nicht“, sagt er, „aber möglich ist das schon. Ich lasse mich ungern vereinnahmen.“

Aus demselben Grund sind CYHSY auch jetzt noch ohne Plattenvertrag und regeln vieles entweder durch den Direktvertrieb oder mit diversen Vertriebspartnern in verschiedenen Ländern, die allerdings keinerlei Mitspracherecht haben. „Ich bin nicht so dogmatisch, wie es scheint“, sagt der Sänger und grinst. „Wenn mir jemand ein unglaublich gutes Angebot macht, dass ich nicht ablehnen kann, unterzeichne ich auch.“ Und wie müsste ein solches Angebot aussehen? Da muss er lachen. „Das ist eine sehr gute Frage. Beantworte du sie mir! Ich kann mir in Wahrheit keinen Grundvorstellen, für den ich meine Unabhängigkeit aufgeben würde.“

Diese Unabhängigkeit bewahrt sich Alec Ounsworth auch als Texter: „Natürlich wird mein Songwriting durch Dinge beeinflusst, die ich erlebe“, erläutert er, „aber meine Songs erzählen vor allem Geschichten. Ich halte nicht viel von Leuten, die ihre Autobiografie vertonen. Ich schlüpfe lieber in Rollen, erzähle Ausgedachtes, das strukturiert ist und einem bestimmten literarischen Faden folgt. Manche Menschen mögen emotionalerarbeiten. Ich persönlich kann und möchte das nicht.“

Der charmante Dickkopf berichtet von der Aufnahme und von den Einzelheiten, die er und die Band zu SOME LOUD THUNDER beigetragen haben. Dabei benutzt er das Vokabular eines Analytikers. Wenn es darum geht, Atmosphären zu schaffen, spricht er von „Informationen „, die die Instrumente transportieren. Sein Bild von einem Song ist fast architektonisch, in jedem Fall wissenschaftlich. Nie erzählt Ounsworth, dessen Stimme so viel Emotionalität versprüht, davon, Stimmungen, gar Gefühle vermitteln zu wollen. Dass die Fans seine Musik dennoch emotional und aufwühlend verstehen mögen, stört ihn aber nicht. Jeder so, wie er mag“, findeter. Und jeder für sich. >»www.clapyourhandssayyeah.com