Blind Date


Am Morgen nach einer weiteren beeindruckenden Liveshow des begnadeten Musikers und Entertainers empfängt uns Gonzales zum Liedervorspielen im Hotel. Trotz der langen Nacht ist Monsieur blendend aufgelegt, hört die meisten Songs komplett durch, schließt dabei die Augen und lächelt genüsslich.

Morrissey „It’sNot’YourBirthday Anvmore“

(Gonzales hört den ganzen Song grinsend an) Mit Morrissey ist es wie mit Woody Allen: Er ist immer da und immer er selbst. Wenn er mal tot ist, wird es einen Riesenlärm geben. Jetzt weiß man ihn nicht genug zu schätzen. Die Smiths waren die erste Band, die mich begeisterte, die nichts mit Klassik zu tun hatte. Er war mein erstes Role-Model. Der Oscar Wilde des Pop.

Kennst du die Platten seit seinem „Comeback“?

Von jeder Platte ein paar Stücke. Dieser Song ist wirklich toll und so typisch: „It’s not your birthday anymore/ There’s no need to be kind to you.“

Ich liebe seine Abfälligkeiten.

Helge Schneider „Sunny“

Das ist Helge Schneider, nicht wahr? Super. Ein richtig guter Musiker, der auch Komiker ist und sich treu bleibt. Ein Bruder im Geiste. Ich habe es während der fünf Jahre, die ich in Berlin lebte, nie geschafft, eines seiner Konzerte zu besuchen.

Jochen Distelmeyer „Bleiben oder gehen“

Sind das Blumfe d?

Das ist der Sänger mit seinem neuen Soloalbum.

Blumfeld mag ich natürlich. Aber zu diesem Song kann ich nicht viel sagen. Im Moment sind das für mich nur simple Gitarrenakkorde und eine schöne Stimme. Aber ich weiß, dass der Blumfeld-Boy über seine Texte funktioniert. Ist ein cleverer Typ, nicht wahr?

Ladyhawke „Paris Is Burning“

(hört den Song komplett an und seufzt) Die Fleet wood-Mac-Stimme der Jetztzeit. Ich habe für sie einen Song geschrieben. Als ich ihr den schickte, ist sie ausgeflippt. Sie ist ja so unglaublich schüchtern und fand es beunruhigend, dass sich überhaupt jemand über sie Gedanken macht. Ein wenig später habe ich Peaches gebeten, ihr den Song noch mal ans Herz zu legen, sie sind befreundet. Aber nein, keine Chance. Also träume ich weiter. Ich finde sie wunderbar.

Bruce Springsteen „Hungrv Heart“

Herrlich. Das habe ich bei meinem Weltrekord gespielt.

(Im Juni 2009 in Paris spielte Gonzales 27 Stunden am Stück Klavier und stellte einen neuen Weltrekord auf – Anm. d. Autorin.) Ich mag vor allem seine düsteren Songs, NEBRASKA ist ein super Album. Er ist ein großartiger Showman. Diese Idee, wie ein Malocher stundenlange Konzerte zu spielen und sich total zu verausgaben.

Benjamin Biolay „Rendezvous Qui Sait“

Ich will Biolay sagen, aber das ist er nicht, oder?

Doch. Ein Song seiner letzten Platte.

Er klingt hier so freundlich.

Ja, das ist eines der flotteren Stücke auf TRASHYEYE. Wir sind gut befreundet, er ist ein begnadeter Musiker, (grinst diabolisch) Darf ich eine kleine Geschichte erzählen? Klar, bitte. Als ich vergangenes Jahr in Paris spielte, wollte ich ihn mitten in meinem Konzert auftreten lassen. Er sollte auf die Bühne kommen und extrem lange und nervig seine Gitarre stimmen, und dann wieder von der Bühne gehen. Das war’s. Benjamin fand die Idee erst super. Aber kurz vor der Show sagte er, es sei zu gemein, für die Leute nicht wenigstens einen Song zu spielen. Aber ich fand: Gerade die Idee, dass er gar nichts macht, wäre eine viel größere Hommage gewesen.

Prefab Sprout „Ride“

Ist das von STEVE MCQUEEN? Nein, von der neuen Platte LET’S CHANCE THE WORLD WITH MUSIC – Aufnahmen von 1992. Meine Lieblingsplane ist JORDAN: THE COMEBACK. Ich habe bei meinem Weltrekord ein Medley aus „Machine Gun Ibiza“, „Wild Horses“, „Paris Smith“ und „We LetThe Stars Go“ gespielt. Aber dieser Song hier, hm, ein bisschen schlicht vielleicht…

Pet Shop Boys „Did You See Me Coming?“

(¿wippt mit) Das mag ich natürlich! Die Pet Shop Boys sind viel bessere Komponisten, als man ihnen anhört. Das merke ich, wenn ich ihre Stück auf dem Klavier spiele. Sie sind wirklich tricky und klingen am Ende leicht und einfach. Das ist wahre Kunst. Mein Lieblingssong ist „Suburbia“. Die Strophe in Moll, der Refrain in Dur: großartig. Als ich letztens in Moskau spielte, waren sie auch in der Stadt… O Mann, ich bin ein schlimmer Namedropper, oder? Ja, aber erzähl weiter. Also, Chris Löwe, hatte ich erfahren, wollte zu meiner Show kommen. Wenn ich so was höre, fängt es bei mir sofort an zu rattern. Was kann ich da Bescheuertes machen?

Also dachte ich, es wäre lustig, wenn ich den PSB-Song „Opportunities“ spielen würde: “ / got the brain, you got the looks, let’s make lots of money.“ Ich wollte sehen, wie Chris reagiert, wenn eine Halle voller Russen diesen kapitalistischen Song mitgrölt.

Und, was hat Chris gesagt?

Er hat gelacht.

Animal Collective „Mv Girls“

Warte, ich komm‘ gleich drauf. Ich finde die gut und hab sie auch schon mal live gesehen. Sie sind eine verrückte Truppe. Mist, gib mir einen Tipp!

Der Name suggeriert mehr als eine Band.

Animal Collective! Klar. Sie sind sehr songorientiert, aber gleichzeitig frisch und wahnsinnig.

Frank Sinatra „Rain In Mv Heart“

(hört den ganzen Song, macht ihn dann sofort wieder von vorn an und dann noch dreimal) O Gott. Was ist das denn? Ich bin ja ein riesiger Sinatra-Verehrer, aber dieses Stück kenne ich gar nicht. Was für ein hochgeschraubter Wahnsinn. Was für ein Arrangement! Kann ich den gleich auf meinen Laptop ziehen? Das ist von einem tollen Album namens CVCLES aus dem Jahr 1968. Warum ist dieses Stück nicht schon oft verwendet worden? Das ist doch das Musik gewordene Sopranos-Finale! Ich weiß nicht, ob ich jetzt noch was Anderes hören kann. Musst du auch nicht. Danke schön!