Bryan Adams: Los Angeles, Forum


Seit seiner letztjährigen Teilnahme an der „Conspiracy Of Hope“-Tour mit den Kollegen Gabriel, Sting und U2 setzt Bryan Adams alles daran, musikalisch erwachsen zu werden.

Den ersten stichhaltigen Beweis dafür, daß seine Hinwendung zu kritischeren Inhalten auch vom Publikum bemerkt wurde, durfte der 27jährige Kanadier bald erfahren: Sein aktuelles Album Into The Fire verkaufte „nur“ circa zwei Millionen Einheiten weltweit, etwa ein Drittel seiner bislang gewohnten Umsätze.

Daß das Forum trotzdem ausverkauft war, ist nicht weiter verwunderlich. Ein zu guter Ruf als zündender Live-Act eilt dem „all american boy“ voraus, und einer, der so richtig die Sau rauslassen kann, der hat bei den Kids in Kalifornien immer einen Stein im Brett.

Zu Beginn mußte man sich allerdings noch durch den Set der Hooters aus Philadelphia quälen. Noch vor zwei Jahren, als diese Band im Vorprogramm von Squeeze viele Sympathiepunkte errang, dachte man, hier käme endlich wieder mal ein neuer Ansatz zum Thema „gescheite Pop-Musik“. Mittlerweile entwickelten sich die Hooter aber live zu einer schleimenden Stadion-Band, die bei ihren Proben scheinbar mehr Energien dem Einstudieren perfekter Verbeugungen als einer ordentlichen Repertoire-Pflege widmet. Und nur weil man eine Mandoline und ein Xylophon auf die Bühne schleppt, um damit eine etwas seltsame Version des Psychedelic-Evergreens „Lucy In The Sky With Diamonds“ zum Besten zu geben, verdient man noch lange nicht das Attribut „interessant“.

Als Bryan Adams dann seinen Set eröffnete, war die verlorene Zeit schnell vergessen. Für 100 Minuten stand da der archetypische Kumpel aus der Nachbarschaft auf der Bühne, mächtig ackernd und mit einem Programm voller Gassenhauer. Egal welchen Titel er von seinen vorangegangenen Alben anstimmte, die Menge reagierte schon nach den ersten Sekunden mit begeistertem Gejohle.

Immer noch sein bester Song ist „Cuts Like A Knife“, ein Rocker, wie er im Buche steht, mit einer unwiderstehlichen, schweißtreibenden Groove. Aber auch „This Time“ und die Fast-schon-Ballade „Heaven“ haben dieses gewisse Etwas, das die Knie wippen und das Herz höher schlagen läßt.

Und wenn der Sympathico dann zu seinen neuen, nachdenklicheren Stücken schwenkt (etwa „Remembrance Day“, wo er von den Gefühlen eines Soldaten im Ersten Weltkrieg erzählt), dann tut man dem Burschen den Gefallen und hört zu. Wohlwissend, daß die nächste Nummer schon wieder Partystimmung versprühen wird.

Bryan Adams Stimme ist ein perfektes Instrument, wenn es darum geht, kraftvollen Rock hinauszuschleudern. Er klingt rauh, zornig, an den richtigen Stellen aber auch melancholisch und sehnsüchtig. Ein Teenager-Held, der demnächst endgültig seinen Turnschuhen entwachsen wird, der das Risiko auf sich nimmt, nicht bloß als lebendiger Juke-Box Chartsfutter zu liefern.

Adams sucht seine eigene Identität, auch wenn die Plattenfirma ganz schön fluchen wird.