Camel


Seit 12 Jahren geht Camel kontinuierlich seinen Weg (ohne Loch im Schuh), spielt ausgesprochen ästhetische Musik jenseits der vorsätzlichen Kommerzialität für stets den gleichen Kreis von Anhängern. Bei Konzerten ertappt man sich dabei, dieses oder jenes Instrumental nicht zeitlich einordnen zu können, weil die wunderschönen Gitarrensoli des Andy Latimer allesamt zeitlos sind. „Lady Fantasy“, ihr erster Hit unter Insidern, kommt heute noch genausogut ah. Wo bleibt die Entwicklung?

„Wenn du keine Entwicklung siehst“, meint Andy zornig, „kann ich dir nicht helfen“. Offensichtlich fehlen auch ihm die erklärenden Worte.

Camel ist eine One-Man-Band geworden, nachdem Keyboarder und Co-Komponist Peter Bardens vor sechs Jahren die Band verließ. Die Musiker wechseln laufend – und zweifellos sind die jüngsten Songs stark auf die Latimer-Gitarre zugeschnitten. Die neue LP STATIONARY TRAVELLER überrascht zudem durch absolut rockige Stücke. Nach THE SNOW GOOSE und NUDE ist dies Cameis drittes Konzept-Album. Den Hintergrund bildet hier die Berlin-Problematik zwischen den Weltkriegen. „Keine politische Stellungnahme“, wie Andy versichert, „eher Eindrücke aus den Büchern, die ich in letzter Zelt über Berlin gelesen habe“.

Im Hinterkopf hatte der 37jährige dabei die Parallele zum Geschehen in seiner Band: „Leute gehen und verlassen ihre besten Freunde und versuchen zu überleben; wie die Zurückgebliebenen auch.“ Daß die Auseinandersetzung mit Berlin nicht gerade modern ist, kümmert Andy nicht. Er verabscheut es, die Musik als Medium zu benutzen, um Politik zu predigen. Gleichzeitig seine Rechtfertigung für die inhaltlich oberflächlichen Texte.

Peter Bardens, dessen Ausstieg die eingefleischten Camel-Fans noch immer bedauern, spielte übrigens kürzlich mit seinen alten Kollegen einen Gig in London. Doch eigentlich steht er jetzt mehr auf Heavy Rock und seine neue Band Kids, mit der er unter Regie von Alan Parsons soeben eine LP einspielte. Von daher schwer vorstellbar, was mir Andy mit auf den Weg gibt: „Vielleicht spielt Peter bald wieder bei uns!“