Chaos ohne Ende


Eine Begegnung mit Rappern vom Wu-Tang Clan im allgemeinen und mit Ol' Dirty Bastard im besonderen.

Jetzt also Europa. Sie sind herübergekommen. Angst, Schrecken, Verzweiflung. Die Dependancen der Plattenfirma sind im Ausnahmezustand —werden sich die Ausgaben lohnen? Oder wird der Schaden über das normale Maß hinausgehen? Wenigstens schlägt der berühmt- berüchtigte Wu-Tang Clan aus Amerika nicht in voller Mannschaftsstärke auf. RZA,Genius und Raekwon sind zu Hause geblieben. Der Method Man jedoch, Ol‘ Dirty Bastard und der überall ungefragt präsente U-God haben die Reise nach Europa angetreten. Ol‘ Dirty Bastard bekommt dafür sogar 1000 Dollar pro Tag, wovon die anderen aber nichts wissen dürfen. Ein Auftritt im Londoner Stadtteil Brixton gerät, gelinde gesagt, zur Katastrophe. Nachdem sich der dreiköpfige Clan das Bewußtsein mit Bailey’s eingecremt hat, wankt er mit zweistündiger Verspätung unkontrolliert auf die Bühne. Am folgenden Vormittag, der ein paar Journalisten mit den Abgesandten des Clans zusammenführen soll, hat die Pressedame von Wu-Tangs Plattenfirma denn auch alle Hände voll zu tun, ihre eigenwilligen Schützlinge zu den vereinbarten Terminen zu überreden. Dirty 01′ Bastard ist denn auch tatsächlich irgendwann dazu bereit. Der Method Man jedoch muß eine halbe Stunde lang telefonisch davon überzeugt werden, daß Interviews nun mal eine gewisse Bedeutung besitzen. Als Zeichen seines Mißmutes bleibt „Meth“ dann aber doch demonstrativ im Bett und bedeckt zudem in der ersten Hälfte des „Gesprächs“ sein Gesicht mit dem Laken (muß dann aber doch notgedrungen ans Tageslicht, um sich einen gigantischen Joint bauen zu können). Den besonderen Umständen entsprechend verläuft das „Interview“ für beide Seiten unerfreulich und wird irgendwann von der bedauernswerten Wu-Tang-Pressedame beendet. Derweil schleicht 01′ Dirty Bastard über den Korridor. Er hat gerade einem sichtbar ermatteten Pressekollegen zum wiederholten Male seine ganz spezielle Verschwörungstheorie erläutert, nach der ihn das FBI mit Antennen bis hierher in europäische Hotels verfolgt. Den Grund glaubt 01′ auch zu kennen: Mittels permanenter Strahlung seien die bösen Buben vom FBI darauf aus, ihn um die Ecke zu bringen. Dementsprechend hat Dirty sein Zimmer nach versteckter Verkabelung abgesucht. Eine Behausung, die ihm ohnehin nicht besonders zuzusagen scheint. Weil das „Interview“ mit 01′ in der opulenten Präsidentensuite des Hotels stattgefunden hat, droht Dirty, sofort abzureisen, wenn er nicht augenblicklich von seinem Zimmer aus in die Präsidentensuite umziehen dürfe. Das würde natürlich den Neid von Method Man und U-God wecken, was die Lage zusätzlich verschärfen könnte. Also reist man am nächsten Tag erst mal nach Amsterdam. Doch das Chaos bleibt. Dirty geht verloren, weil er in der U-Bahn der spontanen Einladung einiger lokaler HipHopper zu einer Jam-Session im Radio nachkommt. Auf dem Rückflug bleibt Dirtys Platz leer.