Chief feiern das langsame Leben in Los Angeles


Byrds-beeinflusste Westcoast-Rocker vollziehen die Californication. Chief über das Leben an der Westküste der USA und ihrem persönlichen ‘Spinal-Tap'-Moment.

Voll ist es nicht an jenem Abend im „Hanswurst“ im Prenzlauer Berg. Warum auch, es ist einer der ersten milden Sommerabende. Einen Steinwurf entfernt spielen die großartigen Ja, Panik, auch sonst prägen Freiluftbühnen das Stadtbild: Es ist Fete de la Musique, nicht unbedingt der klügste Tag, um ein Showcase zu veranstalten.

Chief sind zu zweit angereist. Saenger Evan Koga und Gitarrist Danny Fujikawa versuchen den Sound des Vierers in ein akustisches Duo zu übersetzen. Am nächsten Tag sitzen die beiden im lichtdurchfluteten Altbau-Büro ihrer Plattenfirma. „Ich war gestern ganz schön aufgeregt“, sagt Evan. „Unsere Songs bauen oft auf Vierer-Harmonien auf, ich hatte meine Sorge, dass das nicht kappen würde.“ Am Ende waren sie zufrieden – auch, weil sie etwas über ihre Songs lernten – und über ihre eigenen Fähigkeiten.

Die beiden sind freundliche Menschen, und erscheinen auf eine nie effektheischende Art und Weise markant. Rockstars? Aber hallo – immerhin unterschrieben sie ihren Plattenvertrag mit Domino nach ihrem Auftritt in Glastonbury – inmitten eines Steinkreises, der ansonsten eher die Tripping-Out-Area des Festivals zu sein schien. „Das war ein ‘Spinal-Tap‘-Moment“, lacht Danny. Hippies? Natürlich, immerhin hing schon Evans Mutter vorrangig mit Musikern herum. Surferboys? Klaro, schließlich wuchsen sie mitten in Santa Monica auf. Lokalpatrioten? Ja – ein Zustand, zu dem genannte Kategorisierungen fast zwanghaft führten. „Es war immer klar, dass wir nach Kalifornien zurückkehren würden“, sagt Danny – das schöne an der Musikszene der Stadt sei schließlich auch ihre Vergangenheit.

The Doors, The Byrds, Buffalo Springfield – alle diese Bands würden bis heute ihren Sound nachhaltig beeinflussen. Ohnehin sei Los Angeles die bessere Stadt. „Ich wohne mit unserem Bassisten in einem Haus. In einem richtigen Haus, ohne nervige Nachbarn, und das kostet weniger als ein Mini-Appartement in New York. Das Leben hier definiert sich auch über eine geographische Weite, die zu einem langsameren Leben führt. Alles ist… sehr laid back“, sagt Evan – und lehnt sich tatsächlich zurück. Da muss er selber lachen. „Es gibt hier Leute, die einfach den ganzen Tag in Venice auf einer Bank am Strand sitzen – aber keine Obdachlosen sind. Das mag ich.“

2001: Evan und Drummer Michael Fujikawa ziehen nach New York, um dort zu studieren.

2004: Danny folgt – es kommt zu ersten gemeinsamen Bands.

2005: Chief gründen sich, kurz darauf stößt Bassist Mike Moonves zu Chief.