City Slang/Cooperative Music Night


Menomena, Malajube, Caribou, Stars - Virtuosität und Popwillen begeben sich in Engtanz.

Kanada regiert die Welt. Oder wenigstens die kleine, aber feine Indie-Welt. Eigentlich war für diesen Abend am Rande der PopKomm ein noch viel spezielleres Line-Up vorgesehen gewesen, vielleicht sogar DAS Line-Up des Jahres.Allein.es hat nicht sollen sein, weil The Go! Team und Los Campesinos! sich mit Ausrufungszeichen entschuldigen ließen. Die verbliebenen Acts jedenfalls genügten, der Label-Nacht von City Slang und Cooperative die Aura eines wenn auch überdachten, so doch extrem lässigen Festivals zu verleihen – inklusive atemlosem Hin-und-her-Hetzen zwischen verschiedenen Bühnen, um bloß keinen schönen Ton zu verpassen. Was bei all den nippen Massen mit ihren berlintypischen Lastwagenplanen Umhängetaschen alles andere als ein Kinderspiel war.

Ähnliches wird sich auch der kanadische Songwriter Reg Vermue alias Gentleman Reg gedacht haben, der es. als Ersatz gebucht, in seiner Anheizerrolle nicht eben leicht hatte. Angemerkt hat man es ihm allerdings nicht, unbeeindruckt (und leider auch nicht wirklich beeindruckend) zupfte er sich durch ein Set, das einem Großteil des Publikums weitgehend unbekannt war und womöglich auch bleiben dürfte. Schade, denn in anderem Rahmen hätten seine an Rufus Wainwright erinnernden Miniaturen gewiss besser funktionieren können. Was auch für die unfassbar wuseligen Multiinstrumentalisten von Menomena gilt, die, bevor man auch nur ansatzweise kapieren konnte, was da vor sich ging, auch schon wieder fertig waren.

Einen ersten Höhepunkt des Abends bereitete Caribou, das psychedelisch mäandernde Projekt des Kanadiers Daniel V. Snaith. Der Mann ist Sohn eines Mathematikprofessors, Bruder einer Mathematikprofessorin, selbst Doktor der Mathematik und bot daher in der ersten Hälfte seines Sets mit fast mathematischer Konsequenz lupenreinen Math-Rock à la Battles, unterstützt von gleich zwei Schlagzeugern. Kaum hatte er zum leicht verschwurbelten Minimal-Folk seines aktuellen Albums Andorra gefunden, war seine Zeit auch schon verstrichen. Mit ganz anderer, nämlich großer Geste führten anschließend Falsettmeister Torquil Campbell und die Seinen durch das neue Werk der kanadischen Stars mit dem schönen Titel In Our Bedroom After The War. Wuchtig, balladesk, mit Sinn für Feinheiten, zusätzlicher Wucht auf der Sühne und häufigen Anschmacht-Duetten zwischen Campbell und Amy Millan unterstrich das Sextett seinen Ruf als eine der wichtigsten Indie-Erscheinungen der vergangenen Jahre. Verdutzt-um nicht zu sagen: reserviert-wurden da nicht nur das ungewöhnlich polternde „The Ghost Genovas Heights“ aufgenommen, sondern auch die Frage des Frontmanns, ob man sich denn das neue Album schon „geklaut“ habe. Da stand es kurz im Raum, das Schreckgespenst der Plattenfirmen.

Schlicht unglaublich, wenn auch leider viel zu kurz, geriet dann auch der Auftritt von Malajube aus-genau-Kanada. Was auf Platte schon extrem energisch, komprimiert und kompliziert tönt, klang live noch ein Gutteil energischer, komprimierter und komplizierter. Bei aller Präzision wurde aber bei Songs wie „Pate Filo“, „Montreal, -40 C“ und dem sagenhaften Tour-de-Force-Ritt von „La Monogamie“ nicht auf die unverzichtbaren Melodien verzichtet-enger hat man Virtuosität und Popwillen selten miteinander tanzen sehen. Da darf man auch mal spleenig sein, wie Sänger Julien, der trotz tropischer Hitze seinen Kapuzenpulli nicht ausziehen mochte.

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