Coldplay


Ein Geheimkonzert, ein Geheimkonzert! Die Londoner stellen unter viel Bohei ihr neues Album X&Y vor.

So viel Aufregung auf einem Haufen. Jeden Moment könnte das Gloria in einem Anspannungs-GAU implodieren! Die 250 Fans, die ein Ticket für dieses superexklusive Clubkonzert erwischt haben, sind gespannt. Sie sind jetzt noch einmal ordentlich Schlange gestanden, weil die mit dem Namen des Käufers ausgefertigten Tickets nur in Abgleich mit dem Personalausweis zum Eintritt berechtigen. Wer bislang kühl geblieben war, weiß spätestens jetzt: Hier bin ich richtig, hier ist es wichtig.

Die Leute von Coldplays Plattenfirma sind angespannt. Weil die Veröffentlichung des dritten Coldplay-Albums X&Y für den globalen Spieler EMI in diesen Tonträgerkrisenzeiten von einer Bedeutung ist wie anderswo Marsmissionen oder Papstwahlen. Weshalb alles im Zusammenhang mit den hoffnungsbeladenen Platinbuben mit höchster Priorität und strictly no bullshit behandelt wird, auch dieser Vorab-Showcase. Knipsen und Handys müssen bei der Garderobiere in Obhut gegeben werden, die Journalisten dürfen zumindest ihre Notizblöcke einführen. Und die Band selbst ist angespannt. Weil dies erst ihr fünftes Konzert ist nach 18 Monaten Livepause. Vor allem aber wohl wegen der vielen Notizblöcke in Kombination mit der Tatsache, daß sie ihre neuen Songs dabei haben. „Thanks for your patience and for listening to lots of new material“, wird Chris Martin zwar am Schluß sagen, aber ohne dem Mann mit den liebenswerten Affekten Koketterie unterstellen zu wollen: Er wird wohl nicht ernsthaft ausgerechnet von diesem Publikum erwartet haben, daß es sich bei den unbekannten Songs zur Bar umdreht. Und es ist wohl weniger Mangel an Selbstvertrauen als Coldplays Fanfreundlichkeit geschuldet, daß jetzt nicht einfach en bloc das neue Album gespielt wird, sondern – und ein wenig bruchsichere Verpackung kann ja nicht schaden – fast jedes der sieben neuen Stücke heute zwischen zwei bewährten Hits eingebettet ist. Die neue Single „Speed Of Sound“, eine Art „Clocks Reloaded“ zwischen einem nach dem Auftakt „Square One“ wie befreit hämmernden „Politik“ und „God Put A Smile Upon Your Face“. Das majestätische „X&Y“, dessen im Idealfall vierstimmig gesungenen Mittelteil sie etwas verbocken, zwischen „Warning Sign“ und „Yellow“. Auf das rockende neue „Low“ folgt das immer wieder atemberaubende „The Scientist“, auf das folkig-akustische „‚Til Kingdom Come“ der Crowdpleaser „Clocks“.

Bei den Zugaben schauen Jonny Buckland, Guy Berryman und Will Champion nicht mehr ganz so düster drein, während Chris Martin längst im gewohnten Schlenkerhase-Modus mit leuchtenden Augen über die Bühne tänzelt. Nach „In My Place“ gibt’s am Ende dann doch zwei neue Songs am Stück, den Hymnen-Doppelpack aus „A Message“ und den gospeligen „Fix You“. Das Format eines „The Scientist“ werden sie wohl auch nicht ganz erreichen, wenn man sie mal besser kennt. Alles andere ist möglich. Es könnten sich also eigentlich alle mal etwas entspannen.

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