Colin James


Colin ist ein unheimlich talentierter Songschreiber und Blues-Gitarrist“, begrüßt mich meine gute Freundin Janie mit New Yorker Zurückhaltung im Rockschuppen Cat Club. „Allerdings macht er im Augenblick ganz auf Rock ’n Roller, und ich glaube nicht, daß darin sein wahres Talent liegt.“

Janie versteht etwas von Musik. Sie hat gerade einen Dokumentarfilm über das musikalische Talent der New Kids On The Block abgekurbelt. Das für mich unbeschriebene Blatt Colin James hatte trotzdem einen Schmutzspritzer weg.

SUDDEN STOP, sein zweites AIbum, ist phänomenal, und er hat den Ruf, Kanadas bester Mann an der elektrischen Blues-Gitarre zu sein. Wie wenig solche Lorbeeren trotzdem bewirken, zeigte die kleine Besucherschar, die sich im schummrigen Halbdunkel der zum Rockschuppen umgebauten ehemaligen Rollschuhdisco verlor.

Der 26jährige Kanadier ist freilich trotzdem bereits ein Veteran mit einer beachtlichen Biographie: Er jammte mit den Rolling Stones, war auf Tournee mit Keith Richards,

Steve Winwood und Little Feat und lieferte sich mit seinem Mentor Slevie Ray Vaughan wüste Gitarrenduelle auf der Bühne.

Und so verwundert es nicht, daß James und seine vierköpfige Band (Saxophon. Baß, Schlagzeug und Keyboards) schon in den allerersten Song so enthusiastisch einsteigen, als spielten sie vor tausenden begeisterter Fans in einer ausverkauften Halle. In einer Mischung aus Rockabilly und Boogie, Rock n‘ Roll, Pop und R& B kämpfen zwei Aspekte in der Persönlichkeit des Kanadiers um den Vortritt im Rampenlicht: der Blues-Sänger mit schwermütiger Bluesstimme wie in der Ballade „Crazy Over You“ und der Rock ’n‘ Roller mit von harten Gitarrenriffs angepeitschtem Gesang. Der Rocksänger bleibt an diesem Abend Sieger.

James beschränkt sich nicht aut die Enge der kleinen Bühne: Wann immer er im Publikum ein attraktives Mädchen ausmacht, springt er mitten im Song von der Rampe und marschiert wie ein rock ’n‘ rollender Troubadour der Elektrogitarre quer durch den Saal zur Schönen hin. Während solcher Eskapaden beherrscht der portugiesische Saxophonist John Ferreira souverän das Bühnenterritorium. Und die jugendlichen Mätzchen des Chefs werden schnell wieder wettgemacht, wenn James und Ferreira mit der Teenie-Hvmne „Chicks And Cars“ von der ersten LP, dem rockigen „Just Came Back“ (das aktuelle Video) oder mit dem Titelsong der neuen LP Rockmusik mit perfekter Spontaneität darbieten. Ein hochexplosiver Gig fürwahr.