Commander Numans Startreck Band


Gary Numan genießt es, berühmt zu sein. Posters, Pin ups, kreischende Teenager streicheln sein Ego, das gibt er unumwunden zu. Trotzdem, so sagt er, habe er schon längst die Nase voll vom Ruhm. Er will aussteigen und warum, das werden seine Texte auf der kommenden LP erzählen, die ungefähr im September fertig sein soll. Die- se widersprüchliche Einstellung erläuterte er nachts nach seinem Auftritt in der Hamburger Musikhalle.

Für alle Fans, die jetzt weiche Knie bekommen: Gary wird es noch ein paar Jahre aushalten. Aber eines ist klar: Spaß macht ihm der Job auf der Bühne nicht. Das Miniatur-Monster, das er darstellt, sei so etwas wie sein Alter-Ego und angesprochen auf seine offensichtliche Bowie-Affinität meint er: „Bowie tanzt, ich nicht. Bowie bleibt im Gegensatz zu mir auch nicht immer auf einem Fleck stehen“. Seinen modisch-roboterhaften Bewegungen mißt er auch keine tiefere Bedeutung zu. Das Thema Mensch/Maschine hat er auf seiner zweiten LP, REPLICAS, abgelegt, auf hochtrabende Interpretationen seiner Darstellung (von wegen Symbolik aufgrund der Idee von geklonten Rockperformern) reagiert er gelassen: „Daskommt allein daher, daß ich nicht tanzen kann“.

In England wird bei Gary Numan-Gigs gepogot, auch in den Staaten soll es in den Konzerten hoch hergegangen sein. Hierzulande war die Stimmung eher gemischt. Der Kartenverkauf erreichte – vorsichtig ausgedrückt – keine Rekordziffern.

Gary Numan versteht es durchaus, dich spontan zu beeindrucken. Doch dieser momentane Jlash hält nicht lange vor. Wenn du seinen Nr. 1 -Hit „Are Friends Electric“ kennst, und vielleicht noch „Me, „Disconnect From You“ dazunimmst, dann bist du mit seiner Musik vertraut. Ich mag „Friends. . .“ sehr. Ich war auch zunächst gefesselt von der exzentrisch flackernden Bühnenarchitektur. Rechts und links im Neon-Turm je ein Synthie-Mann plaziert, in der Mitte der Bühne Garys eigene elektronische Kommando-Zentrale, die allerdings ziemlich selten besetzt ist: Eine Entertainment-Zelle aus dem Raumschiff Enterprise, ausgestattet mit gleichförmig programmierten Puppen, die den Menschen der Zukunft in angenehm relaxtem Dämmerzustand hält. Doch wer noch nicht ganz zum Valium-Zombie mutiert ist, wehrt sich irgendwann gegen dieses monotone, klinisch perfekte Spektakel. Bestechendes Blendwerk, dessen vielfarbiger Glanz sich nur viel zu schnell abnutzt.

Dazwischen Gary Numan: dünn, klein; kajalumrandete Augen signalisieren so etwas wie den Wunsch nach mystischer Überhöhung. Aber: „Ich stehe nicht über den Dingen. Ich bin immer noch ängstlich genug, um alles von mir fernhalten zu wollen. Das ist auch der Grund, warum ich nie richtig lächele. Lieber schaue ich nach unten, um den Kontakt zu vermeiden“. Hat er Angst? „Irgendwie ja, ich bin nervös“. Dort oben auf der Bühne fühle er sich jedoch relativ sicher vor dem Publikum. „Ich beobachte die Zuschauer ganz genau like a suspicious freak „.

Ein Schuß Paranoia also. Und ein wenig Schizophrenie ist auch dabei. Als die englische New Wave noch weitgehend nach der non Äero-Philosophie ausgerichtet war, stilisierte er sich zum Superstar. „Ich habe es nicht versucht – I did it“, korrigierte er meine Fragestellung. „Überall Pin ups und Posters, kleine Mädchen die kreischen. Darum macht mir die Sache auch Spaß. Diese Arie des Punk Rock: ,Wir wollen nicht berühmt werden!‘ war doch eine einzige Lüge. Alle wollten berühmt sein“.

Ich wittere den Widerspruch. Aber Gary: „Ich habe gesagt, daß es mir Spaß mache, berühmt zu sein aber daß es mir keinen Spaß mache, aufzutreten. Live spielen ist ein Job, berühmt sein ist ein Zustand.“ Doch, so erklärt er weiter, es würde ihm nichts ausmachen, wenn man ihn eines Tages nicht mehr auf der Straße erkennt, denn eigentlich würde f ihn gerade das doch ziemlich [nerven. „In England kannst du nicht mehr aus dem Haus gehen; du bekommst alberne Anrufe, man droht, dein Gesicht zu zerschneiden oder deinen Wagen zu zertrümmern, dich zu verprügeln. Und das nur, weil du berühmt bist und sie nicht, aus Eifersucht. Ich verdiene eine Menge Geld, deshalb werde ich auch noch eine Weile weitermachen. Ich will noch einige Platten machen, weil ich glaube, daß es da noch ein paar Dinge gibt, die ich verwirklichen kann. Aber nach ein paar Jahren werde ich aussteigen“.

Noch weniger wird Gary Numan offenbar mit der Feindseligkeit der englischen Presse fertig. Ein weiterer Grund dafür, daß ihm das Showbiz nun doch nicht so viel Spaß macht, wie er sich ursprünglich vorgestellt hatte. „Sobald du berühmt bist, merkst du plötzlich, daß rdich unheimlich viele Leute jfnicht mögen. Also höre ich lieber damit auf. So sehr imponiert mir dieses Geschäft sowieso nicht mehr. Gut, es ist nicht alles negativ. Ich habe einige sehr nette Menschen getroffen, denen ich sonst wahrscheinlich nie begegnet wäre. Wir gesagt, ich verdiene viel, und es tut dem Ego gut. Aber es gibt so viele negative Begleiterscheinungen, die längst nicht dadurch aufgewogen werden“.

Gary macht zur Zeit seinen Flugschein. Und in ungefähr acht Jahren, wenn – wie er heute meint – seine Möglichkeiten, LPs und Videos zu machen ausgeschöpft sein werden, will er sich ganz der Fliegerei widmen, vielleicht einen Aeroclub aufziehen. Im Moment scheint es ihm damit sogar ernst zu sein. Sein teures Spielzeug, jene aufwendige Lichtarchitektur im Werte von 200.000 Mark, die ihn pro Abend zwischen zwölf und 16.000 Mark kostet, hat bis dahin hoffentlich nicht das notwendige Startkapital verschlungen.