Die Platte kommt auf den Tisch und: Rumms! Die Band, die genau so klingt, wie man sich The Fall immer live gewünscht hätte! Diese sehr britische Band, die ihrem waghalsigen Debüt bang bang rock& roll ein komplexes Koordinatensystem beigelegt hat, in das man alle Bandmitglieder per Punkteverbinden einzeichnen kann. Denkwürdige Sätze singt diese Band natürlich auch: „Andyes, this i’s my singing voice/lt’s not irony, it’s not Rock&Roll, we are just talking to the kids.“ Und wie anrührend ist der gar nicht ironische Song über die große, verlorene Jugendliebe „Emily Kane“: „l’ve not seen herin 10 years, 3 months, 3 weeks, 4 days, 6hours, 13 minutes, 6 seconds.“ Bei Art Brut geht es immer um alles und darum, wie alles mit allem zusammenhängt. Es sind die Gedanken von Sänger und Texter Eddie Argos, der lange Zeit von Jarvis Cocker besessen war, über Erektionsprobleme singt und davon, wie er einen Umzug nach L.A. erwägt, wo er Morrissey und Axl Rose treffen könnte. Die Band, die mittlerweile komplett in London wohnt, müßte mitziehen. Und dann spricht Argos so unfaßbar schnell, so unglaublich viele Silben verschluckend und mit unsagbar starkem Bournemouth-Akzent und hört gar nicht mehr auf zu sprechen: „Die Geschichten in den Liedern, das bin ich. Ich werd‘ manchmal richtig wütend, wenn jemand schreibt, das sei Ironie. Verdammt, ja: Ich bin immernoch verliebt in Emily Kane, wenn auch auf andere Weise als früher. Letztens kam sie zu einem Konzert von uns, ich habe sie das erste Mal seit zehn Jahren gesehen. Und ja, ich hab wirklich mal drüber nachgedacht, nach LA. zu ziehen, aber das war, weil meine Freundin mich verlassen und ich verzweifelt war und dachte: Jetzt ist es eh egal, wo ich lebe, ich bin zerstört.“ Art Brut haben das Motiv, den Wahnsinn und den Masterplan, der anderen neuen britischen Musikgruppen fehlt, die zwar auch wütend sind, aber ihre Instrumente nicht so virtuos schlecht spielen können wie Argos, Mikey B, Freddie Feedback, lan Catskilkin und Chris Chinchilla. Nur für den Fall, daß sie nicht wirklich so heißen: tolle Pseudonyme! Und eben der Bandname: Art Brut (unverbildete Kunst). Oder wohl doch „Aaaaar Brüüüü“, wenn man genau sein will. Ja genau, diese kleine Kunstbewegung, 1945 gegründet vom französischen Maler Jean Dubuffet. Alles durchaus beeindruckend und das Album exzellenter Krach. Aber sagt Eddie Argos wirklich immer die Wahrheit? Wir fragen nach The Fall. „Kannte ich gar nicht. Habe ich erst gehört, als man mir sagte, wir klingen wie die. Ist großartiges Zeug, Mann.“ Kein Grinsen.

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