David Bowie


Nein, er spielte nicht „The Laughing Gnome“, einen Song aus seiner Jugendzeit. Aber ansonsten fungierte David Bowie als lebende Jukebox. Denn diese Tournee unternahm er nicht, um die Trommel für eine neue Platte zu rühren, sondern für seine gesammelten Werke, die er in den kommenden zwölf Monaten klanglich überarbeitet erneut veröffentlicht. Seitdem er diese Tour ankündigte, deren ständig wechselndes Programm er jeweils nach den Wünschen der Fans zusammenstellt, starteten englische Musikzeitschriften eine massive Kampagne für die eher peinliche frühe Bowie-Single „The Laughing Gnome“. Er spielte das Relikt dennoch nicht, jedenfalls nicht im ersten Konzert in England.

Aber er präsentierte 28 Songs, auf zwei Sets verteilt, mit einer 15minütigen Pause dazwischen. Nur eingefleischte Fans kannten alle Titel. Seine Lieblingssongs wie „Ziggy Stardust“, „Space Oddity“, „Ashes To

Ashes“ und „Let’s Dance“ hatte er wohl von vornherein eingeplant und deshalb auch schon für die passenden Kulissen gesorgt, während er Stücke wie „Young Americans“ und „Be My Wife“ schlicht und einfach abspielte.

Aus unerfindlichen Gründen besteht der Bühnenaufbau aus Wasserspeiern und Fragmenten unechten Kirchenmarmors, zwei Videoleinwände begrenzen ihn an den Seiten. Links steht Bowie im nüchternen Anzug mit weißem Hemd und klampft auf seiner akustischen Gitarre; in der rechten Ecke drängen sich, ebenfalls grau gewandet, die vier Musiker seiner Band. Ab und zu senkt sich eine transparente Leinwand aus Gaze vor ihnen auf den Bühnenboden. Sie dient als Projektionsfläche für noch mehr nüchtern gekleidete Bowies, die im Räume schweben oder mit einer blonden Fee matt und lustlos dahintanzen. Doch sogar als bloße Silhouette auf der Leinwand bildet diese zierliche Tänzerin einen direkten Kontrast zur Begleitband, die sich Bowie von Adrian Belew ausborgte. Von wenigen Ausnahmen abgesehen spielte diese Truppe altmodisch und lahm. Ihr völliger Mangel an Glitter-Feingefühl ruinierte „Rebel Rebel“, das Fehlen jeder Sinnlichkeit machte „Rock ’n‘ Roll Suicide“ kaputt. Bowie – makellos, geistreich und bei bester Stimme – war ein Diamant. Belews Band hingegen war genau das Gegenteil.

Zu den besten Momenten der Show gehörten „China Girl“, eine chaotische und amüsante Version von „Jean Genie“ und „Is There Life On Mars“, wobei Ziggy auf einer riesigen Leinwand erschien, mit rosa Lippenstift und blauem Lidschatten in seinem blassen, gequälten Gesicht. Und der einzige neue Titel, der mit seinem langsamen, fast überladen wirkenden Intro und seinem Glitzer-Rock-Stampfen auf dem nächsten Soloalbum von Bowie erscheinen soll, verheißt immerhin eine schöne Zukunft – auch wenn Bowie, wie er sagt, nie wieder seine alten, brillanten Werke auf die Bühne bringen wird.