Der Elektro-Lurch ist tot


Bei den Elektro-Prinzen Camouflage haben die Computer ausgedient -— es lebe das Handwerk.

Camouflage-Fans der ersten Stunde werden sich wundern: Auf MEANWHILE, dem dritten Album der zum Duo geschrumpften Combo aus Bietigheim, rocken Gitarren, jubilieren Geigen, ein hörbar handgeschlagenes Drumkit gibt in mehreren Songs den Takt an, ein HipHop-Loop schleppt sich durch den Song „What For“, Saxofone näseln, und sogar das gute alte Mellotron, die Klangwundertüte der frühen 70er, kommt wieder zu unverhofften Ehren. Nicht zu überhören: Die ehemaligen Computerspätzle wollen raus aus dem Elektroniker-Ghetto, wollen richtige (Pop)-Musiker werden. Und das, obwohl sie mit ihrem ersten Hit „The Great Commandment“ vor allem in den USA so erfolgreich als Techno-Dancefloor-Sensation vermarktet worden waren.

Aber Haiko Maile und Markus Meyn wollen nicht mehr Computern: „Wir sind älter und reifer geworden, und damit musikalisch auch offener. Ist es denn eine Sünde, daß wir schon immer auf die Stones standen und uns durchaus auch mal ’ne Heavy-Scheibe ‚reinziehen?“

Ausgelost hat das Tauwetter bei Camouflage wohl nicht zuletzt Colin Thurston, bekanntgeworden als Produzent von Talk Talk und Howard Jones. „Wir wollten einen Verrückten als Producer. Und Colin hat uns dann angesteckt, ermutigt, auch verrückte Sachen zu probieren.“