Der Hit zum Film zur Platte


In trauter Zweisatnkeit feiern Musik und Kinoknüller Elefantenhochzeit hinter der Leinwand. Videoclips blasen dazu den Marsch, und die Kasse klingelt wie nie.

Wenn Kevin Costner seine holde Maid Marian im Sherwood Forest becirct. dann kann das nur mit der schmachtenden Hilfe von Bryan Adams klappen. Wenn der Jenninator aufräumt, dann kämpfen im Geiste ein paar nicht minder ruppige Burschen auf seiner Seite: Guns N’Roses. Und wenn nun die „Addams Family“ ihre derben Spaße treibt, dann werden sie dabei von Kumpel Hammer kräftig angefeuert. Film und Musik — das eine ist ohne das andere nicht mehr denkbar, und beim Zusammenspiel geht es um Geld. Um viel Geld. Die Regeln sind simpel: Es wächst zusammen, was Wirb oder stirb: Dos neue Video von Hammer macht PR für …

sich gegenseitig hellen kann. Auf Platte, im Film, im Video. Willkommen beim Entertainment-Monopoly!

Auf der Suche nach den Anfänge(r)n: Noch lange bevor auch nur das Räuspern eines Schauspielers von der Leinwand vernommen werden konnte, gab es Musik zum Film. Und bereits 1934 wurde der erste Oscar in der Kategorie „Bester Song“ vergeben. Doch damals steckte die Schallplattenindustrie noch in den Kinderschuhen und aufkeimende Träume vom großen Profit mußten vorerst Schäume bleiben. Irgendwann kamen dann die Showgeschäft-Tausendsassas: Frank Sinatra, Dean Martin, Bing Crosby. „Zum ersten Mal“, so der britische CBS-Boß Paul Russell, „gab es dieses Phänomen in ,Die oberen Zehnlausend‘ (1956). Aus diesem Film wurden drei oder vier Sinaim-Songs zu großen Hits.“ Das Beispiel machte Schule: Von Travolta bis Bowie, von Peter Kraus bis Nena sangen seither Schauspieler oder umgekehrt.

Wie man allerdings auch ganz prima Songs als Nebenprodukte verkaufen kann, ohne daß ein Leinwand-Idol seine Stimmbänder strapazieren muß, hat niemand besser vorgemacht als Bond, James Bond. 1962 war es noch das Instrumental „Theme From Dr. No“, mit dem Bond-Musikant John Barry die Charts knackte. Schnell aber wurde für jedes weitere 007-Abenteuer ein angesagter Top Act engagiert und was Matt Monro schon 1963 mit „From Russia With Love“ gelang, konnten A-ha mit „The Living Daylights“ erst recht: Durch die bloße Verwendung ihres Songs in einem aufwendigen, weltweit erfolgreichen Film einen Hit landen. Bond-Produzent Albert Brpccoli bringt das Konzept auf den Punkt: „00’/’geht immer mit der Zeit. Und dazu gehört die Eingangsmusik moderner, populärer Künstler. „

Eine goldene Regel, derentwegen sich Filmproduzenten meist schon in der Entstehungsphase um mögliche Hits sorgen. Über „Pretty Woman“, den Renner an allen Fronten, sagt etwa Mika Andrews von der amerikanischen‘ EMI:

„Wenn eine Filmproduktion die Bereitschaft zeigt, unsere Produkte auf den Markt zu tragen, dann unterstützen wir sie auf ganzer Linie. Bei,Pretty Woman’gab es sehr detaillierte Gespräche über den Soundtrack, bevor auch nur eine Szene des Filmes gedreht wurde. „Mit Erfolg: „It Must Have Been Love“ von Roxette hieß der Monsterhit zum Film. Und im Falle Roxette hat dabei auch die Dreifaltigkeit von Film, Song und Video ganz prächtig funktioniert. Mit Filmausschnitten angereicherte Videos sind seit der Geburt von MTV für beide Seiten verkaufsfördernde Bindeglieder, und die Liste der Beispiele ist endlos. „Ghostbusters“, „Against All Odds“. „Take My Breath Away“, etc. etc. Die Verschmelzung der Entertainment-Zweige ist mittlerweile eine Dauerallianz, die nur noch perfektioniert werden kann.

Da trifft es sich natürlich ganz gut, daß hinter den Kulissen ohnehin gewaltige Konzerne stehen, die die benötigte Software unter einem Dach haben. Time-Warner vereint den Filmverleih Warner Bros, und die Plattenfirma WEA. Die Columbia Studios gehören zu Sony. Und auch Universal, MCA und Motown haben seit Anfang 1991 den selben Besitzer Matsushita, big in Japan.

Und so lassen sich alte Kamellen („Pretty Woman“) ebenso vorzüglich … die neue Film-Version der „Addams Family“ – »nd umgekehrt aufwärmen, wie sich Paarungen ergeben, die auf dem Papier zunächst merkwürdig klingen: Prince und „Batman“, oder Mick Jagger und „Die unglaubliche Entführung der Mrs. Stone“. Grenzen gibt es nicht. Stars werden geboren, (Chris Isaak in „Wild At Heart“) oder Tote werden ausgebuddelt („The Doors„). Die Musiker haben außer ihren moralischen Bedenken bei solchen Deals nichts zu verlieren, und im günstigsten Fall sieht und hört man sie plötzlich von Buxtehude bis Perth.

Wenn so eine Allianz aus Film und Hit nach Deutschland gelangt, dann ist der Clou im Ursprungsland (also fast immer Amerika) natürlich längst von vorne bis hinten ausgetüftelt worden. Man nehme „Terminator 2“ und „T2″-Regisseur James Cameron: “ Wir haben uns mit ¿

GunsN’Rosesin Verbindunggesetzt, weil ihr Image und ihr Sound zu unserem Film passen. Aberfiir beide Seiten war es auch ein Risiko: ,You Could Be Mine‘ war nach längerer Pause die erste Single der Band, und die Dimensionen von ,T2′ konnte zu Beginn niemand richtig abschätzen. Also haben wir versucht, uns gegenseitig eine kleine Absicherung zu schaffen. „Da macht es auch nichts, wenn der eigentliche Song im Film nur für Sekunden zu erahnen ist. Wichtig sind die Erscheinungen des Cross-Marketings: Guns N‘ Roses-Video rund um die Uhr. das Filmplakat auf dem Sleeve der Single. Die damit von Seiten des Filmverleihs eingesparten Werbeflächen und -minuten kommen einem Vermögen gleich. Besonders hübsch im Fall „You Could Be Mine“ auch die Idee, als Videoclip eine eigene kleine Geschichte zu drehen, die Filmheld und Band zusammenbringt. Versuche in dieser Richtung gab es oft genug (von stümperhaft bei „A View To A Kill“ von Duran Duran bis entzückend bei Chers „The Shoop Shoop Song“ zu dem Film „Meerjungfrauen küssen besser“). In den USA hingegen stößt man im Moment auf einen Trailer der besonderen Art. „The Addams Family“ heißt der Film, ein vor schwarzem Humor berstender Realfilm-Comic. Statt der gewöhnlichen Vorschau mit ein paar Füm-Appetizern strahlt da plötzlich ein Video von der Leinwand: „The Addams Groove“ von Hammer. Die Hauptdarsteller des Filmes und der rappende Megastar toben gemeinsam durch die Kulissen und haben offenbar einen Heidenspaß dabei. Der Sinn dieser Kollaboration liegt auf der Hand: Der liebenswerte Clan der „Addams Family“ ist weißer als weiß und hat besonders bei Yuppies einen Stein im Brett. Ein Mann wie Hammer sorgt für den Crossover-Appeal. Völlig legitim und clever dazu.

Manchmal werden die Verantwortlichen allerdings auch vom Erfolg überrascht. Siehe „Robin Hood — König der Diebe“. „Wir hatten große Probleme damit“, sagt Bryan Adams, „die Filmfirma von unserer Platte zu überzeugen. Und dann versteckten sie den Song am Ende des Filmes. Das zeigt, wie enttäuscht sie offenbar waren. „Aber unverhofft kommt oft. 16 Wochen an der britischen Chart-Spitze brachten „Everything I Do“ einen Platz im Guiness Buch der Rekorde ein und Adams ist berühmter denn je. Manchmal läuft es eben noch besser, als es sich mit Hundertschaften von PR-Strategen planen läßt.

Man mag nun einwenden: Eine Rock-Ballade und ein historischer Abenteuerfilm? Ein Rap und eine Gruselkomödie? Ein Rock-Song und ein High Tech-Actionfilm? Was um Himmels willen verbindet denn die? Nichts. Eben. Vom Erfolg mal abgesehen.