Der Twist hat begonnen


Die Ersten werden die Letzten werden die Ersten sein: Wie sich The Futureheads selber aus dem Abgrund zogen.

Wenn die Musikindustrie eine alte Burg ist, die wir mit unserer Platte erobern wollen, dann ist unsere neue Single ,The Beginning Of The Twist‘ der Rammbock, mit dem wir die Pforte aufbrechen!“ Barry Hyde, Sänger und Gitarrist der Furureheads, sinnt auf Rache. Vor vier Jahren war seine Band das Heißeste, was die Pop-Insel England zu bieten hatte. Ihr vorwärts preschendes Cover von Kate Bushs „Hounds Of Love“ stürmte die britischen Top Ten und wurde zum Hit der Festivalsaison 2005. Heutige Megaseller wie die Kaiser Chiefs und Bloc Party spielten im Vorprogramm der Postpunks aus Sunderland… dann kam der Knick.

Mit seinem zweiten Album news & Tributes konnte das Quartett 2006 die hohen Erwartungen ihres Labels 679 Recordings, einer Tochter der Warner-Gruppe, nicht erfüllen. 679 ließ sie fallen, und die Band stand kurz vor ihrem Ende. Doch so desaströs die Situation war, der Gedanke ans Aufhören war schnell verworfen. „Dass uns Warner abgestoßen hat, war letztendlich das größte Geschenk, das sie uns machen konnten“, sagt Lead-Gitarrist Ross Millard lachend. Kurz nach dem Drop gründete die Band ihr eigenes Label, Nul Recordings (von dem Rechtschreibfehler im Firmennamen erfahren sie erst in diesem Interview; tatsächlich wollten sie ihr Label nach dem deutschen Wort „null“ benennen). Nun sind sie ihre eigenen Herren, haben völlige Kontrolle über ihre Kunst. Diese neu gewonnene Freiheit spiegelt sich auf dem dritten Album this is not the world: Frischer noch als auf dem gefeierten Debüt kommen ihre messerscharfen Songs daher. „Das Musik-Biz ist wie die Titanic“, sagt Hyde. „Wir haben den Eisberg rechtzeitig gesehen und sind abgesprungen. Aber die Titanic weicht von ihrem Kurs nicht ab, und sie wird sinken. Und wenn das passiert, schauen wir uns das mit einem kühlen Bier in der Hand aus der Ferne an.“

Die Futureheads blicken beileibe nicht im Zorn zurück. „Wir bereuen nichts“, sagt Hyde, „wir haben damals bei Warner unterschrieben, und die haben uns, zumindest anfangs, ja auch ziemlich geholfen. Wir mussten diesen Schritt auch einfach gehen, um nun dort anzukommen, wo wir heute sind. Ohne die Negativerfahrungen mit der zweiten Platte hätten wir unsere Neue niemals in ihrer jetzigen Form aufnehmen können. Was mich allerdings stört, ist, dass Warner alle Rechte an unseren alten Songs hat und dass sie damit machen können, was sie wollen.“

Aber auch aus diesem Missstand hat die Band gelernt und sich für Nul Recordings nur Menschen ihres Vertrauens an Bord geholt. „Mit diesen Leuten können wir unsere Musik endlich so vertreiben, wie wir wollen. Während sich die Majorfirmen nur noch mit dem Verkauf von Klingeltönen über Wasser halten, können wir unsere Platten weiterhin auf Vinyl rausbringen“, freut sich Millard.

Und der Spaß geht noch weiter: „,The Beginning Of The Twist‘ ist bereits in die Top 20 eingestiegen. Da schaust du dir nun also die Charts von oben nach unten an – Warner, Sony BMG, Universal und dann: Nul, also ,nichts‘. Das ist doch großartig!“ Die Rechnung ging also auf, und The Futureheads hoffen, dass ihr Modell Schule macht. „Das ist die Zukunft. Die Plattenfirmen haben Musik zu einem Konsumgut verwandelt. Doch jetzt wehrt sich die Musik und bricht wie eine Blume durch den Beton. Bald werden junge Bands gleich ihr eigenes Label gründen und sich von niemandem mehr reinreden lassen, wie sie sich vermarkten lassen sollen“, sagt Hyde. Die Wende, der Twist, hat begonnen. Und neben Radiohead sind The Futureheads in dieser Umgebung in guter avantgardistischer Gesellschaft.

>»www.thefutureheads.co.uk –