Die Ärzte: Berlin. Wuhlheide


Die Ärzte aus Berlin (aus Berlin) spielen in Berlin (in Berlin), und Berlin (Berlin) liegt ihnen zu Füßen (aus Berlin).

„Home“ , heißt es, „Is where the heart is“. In diesem sehr speziellen Fall ist Zuhause dort, wo man an drei ausverkauften Abenden hintereinander locker jeweils 17.000 Fans beglücken kann. Zumindest, wenn man Die Ärzte, auf „Unrockstar Tour 2004 und ansonsten sowieso in Berlin zu Hause bzw. ein Kind dieser Stadt ist. Und. darüber hinaus, vor lauter lauterem Größenwahn für die große Heimkehr-Konzertorgie die leibhaftigen Village People engagiert hat, die – schmerbäuchig, wie sie heute sind, – mit ihrem Disko-Dauerbrenner „YMCA“ die Meute anheizen.

Die Meute, das ist heute eigentlich eher die große Masse. Die ganz große Masse, also ein Querschnitt durch alle sozialen Schichten und Altersstufen. Die Ärzte? Empfohlen für Fans von 6 bis 66 Jahren. Und solange die Band hinter einem schwarzen Vorhang verborgen bleibt, vergnügen die sich eben selbst. Mit Berliner-Kindl-Bier und La Ola und Leute-gucken – was man halt so macht, wenn einem auf einem Open Air die Zeit lang wird. Echte Punks, von denen in Berlin durchaus noch ein paar Exemplare durch die freie Wildbahn tigern, fehlen hier in der Wuhlheide völlig. Was damit zu tun haben könnte, dass Die Ärzte mit „echtem Punk‘ so viel zu tun haben wie ihr Publikum, nämlich nichts. In Pop gegossen haben die Ärzte nicht den nihilistischen Protest oder gar schales Außenseiter-Prollgemache, sondern den Spaß an der anarchischen Gebärde.

Richtig los geht’s dann mit dem haarscharf Hosen-esken „Nicht allein „. Was Farin Urlaub, Bela B. und Rod Gonzalez an ihren Instrumenten nicht schaffen, dafür gibt es zahlreiche Gimmicks und Hingucker. Trockeneisnebel. Eine Leuchtanzeige, auf der während „Schrei nach Liebe“ Hakenkreuze zermalmt werden. „Sexy Punk “ Bela, der so gut wie nach jedem Song ein paar Drumsticks ins Publikum wirft, sich für „Der Graf“ als Vampir kostümiert, für „Dinge von denen“ dann wieder mit weißer Federboa und Lederpeitsche. Drag Punk. Dass „die beste Band der Welt“ Berlin für die „beste Stadt der Welt“ hält, macht sie denn auch mehr als überdeutlich. Auf den Tickets ist in den Sprachen der vier Besatzermächte der Satz „Sie verlassen den Sektor des Zumutbaren“ gedruckt. Und eine Textzeile aus dem Klassiker „Teenagerliebe“ wird von Farin mit intakter Berliner Schnauze flugs auf die Hauptstadt umgewidmet:

„Als ick dir zum ersten Mal stehn jesehn hob, hob ick dir gleich geil jelunden.“ Alle bösen Nicht-Berliner und „die Leute, die keinen Musikgeschmack haben „, treiben sich an diesem Abend anderswo herum: „Bei Grönemeyer auf dem Lausitzring regnet es“, verkündet ein vergnügter Bela B. in den bedenklich bewölkten Himmel. An diesem ersten der drei Ärzte-Gala-Abende, dem Freitag, regnet es tatsächlich keinen Tropfen mehr auf die „besten Fans der Welt“. Samstag und am Sonntag schüttet es dann dafür wie aus Kübeln. Aber da ist auch kein Grönemeyer als Ersatzziel verfügbar.