Die graue Eminenz


Sieht sich Josh Davis (29) mit einer Frage konfrontiert, auf die er nicht vorbereitet ist, dann nimmt er die Baseball-Mütze ab, kratzt sich am Kopf und schaut zum Fenster raus. Am Ende dieses langen Interviewtages im Hyatt-Hotel in Köln dauert die Pause besonders lang, obwohl die Frage ganz beiläufig gefallen ist. Zögerlich beginnt er mit dem Versuch einer Antwort, der sich über eine Minute und 27 Sekunden erstrecken wird.“.Ist meine neue Platte HipHop? Hmm … Ich will niemanden vor den Kopfstoßen. Bei mir geht es nie ausschließlich um HipHop“, windet er sich, als hänge seine berufliche Zukunft von der diplomatischen Wahl der Worte ab.“.Es wäre auch für das Genre nicht gut, wenn ich herumposaune, was ich .bin und was nicht. […] Lass es mich so ausdrücken: Ich höre seit 20 Jahren HipHop. Das ist die Kultur, die mich inspiriert. 60 Prozent meiner musikalischen Diät ist noch heute Rap, 20 ist Soul und Funk, der Rest Garagen- und Psychedelic-Rack und .Sonstiges‘. […1 Aber mit Hip-Hop bin ich nun mal aufgewachsen „.

Und das zum Leidwesen seiner Eltern. Wie Zappa im Film „200 Motels schlich Josh seit seinem neunten Lebensjahr mit einem umgehängten Cassettenrecorder mit Mikrophon durch das Haus in Hayward bei San Francisco, um hier den Fetzen einer Soap-Opera-Unterhaltung, dort ein halbes“.Rappers DeLight“ von der Sugarhill Gang aus dem Radio aufzunehmen. „Ich hob eine alte Cassette, da hört man erst ,The Message‘ von Grandmaster Ftash. Dann geht eine Türe auf, und meine Mutter sagt, Was ist denn das für Zeug? Was hörst du da?‘, und ich sage ,Psst! Geh weg!'“ Zu Weihnachten 1984 gab’s dann die erste Stereo-Kompaktanlage. Ein von den Eltern handverlesenes Gerät vom Baumarkt, ausgestattet mit Receiver, Plattenspieler und Doppel-Cassettendeck.“.Ich fand heraus, dass, wenn man den Schalter zwischen .Phono’und Jape’klemmte, man beides zur gleichen Zeit hören konnte. Also ließ ich eine Cassette laufen, scratchte dazu mit einer Platte und nahm das Ganze auf dem zweiten Tapedeck auf.“

DUtZende dieser Cassetten existieren noch, und Josh hat die meisten davon während der Arbeit an seinem neuen Album“.The Private Press“ auf ihre mögliche Verwendbarkeit geprüft: „Ich habe mit folgendem System gearbeitet: Zehn Stunden waren jeden Tag für Musikproduktion reserviert, am Abend hob ich mir dann jeweils eine Cassette angehört. Aber ich erinnere mich an einige Aufnahmen, die ich jetzt nicht mehr finden kann. Ich werde die Idee für mein nächstes Album aufheben‘.‘ Obwohl DJ Shadow einige Wochen mit dem Mo’Wax-Schlagzeuger Malcom Catto an Demos gearbeitet hat, besteht „The Private Press“ genau wie der extrem einflussreiche Vorgänger „Endtroducing…“ [1996] ausschließlich aus Samples.“.Ich wollte aber auf keinen Fall nur eine Fortsetzung von, Endtroducing‘ machen. Dos Thema, das ich auf einen Zettel schrieb, war .nonlinear‘. Alles auf .Private Press‘ musste unvorhersehbar sein. Ich hob mir Zeit gelassen, um sicher zu gehen, dass ich genug Material hatte, um etwas komplett Neues zu machen. „

Und SO Sind SechS lange Jahre vergangen, seit Shadow mit dem komplett aus Fremdmaterial zusammengestückelten „Endtroducing…“ den experimentellen, instrumentalen HipHop (aka TripHop] zu neuen Höhen geführt hat, an dessen Erfindung er selbst mit der Mo’Wax-Single „In/Flux“ 1993 maßgeblich beteiligt war. Unbeeindruckt von dem immensen Erfolg, den er mit seinem LP-Debüt hatte, verschwand er aus dem Rampenlicht, um sich in Ruhe mit all den Dingen beschäftigen zu können, die ihm wichtig waren. „Seit 799′ hatte ich nur drei Monate Urlaub. Anfang 2000 fühlte ich mich ein bisschen ausgebrannt und gönnte mir eine Pause, in der ich an dem Haus gearbeitet habe, das ich mit meiner Verlobten gekauft habe“, erzählt er. Den Rest der Zeit produzierte er Beiträge für Turntable-Compilations, tourte um die Welt mit einem technisch anspruchsvollen DJ-Set, das er ausschließlich mit 45 -Singles bestritt, und produzierte U.N.K.L.E., eine MoWax-Produktion mit Stargästen wie Radioheads Thom Yorke. The Verves Richard Ashcroft und dem Beastie Boy Mike D.“.Während ich an U.N.K.L.E, arbeitete, merkte ich, dass jeder bei der Plattenfirma heimlich dachte: , Wann wirst du dich endlich der Öffentlichkeit präsentieren und ein Star werden?“ Aber das interessiert mich nicht“, schüttelt Shadow nachdrücklich den Kopf.

„Ich wollte von Anfang an nie so ein Künstler sein, der alle zwei Jahre brav ein Album veröffentlicht. Ich mache am liebsten Sachen, die mich wirklich interessieren, auch wenn sie mir nicht unbedingt einen Platz auf den Seiten von .Entertainment Weekly‘ garantieren.“ www.djshadow.com