Die Rockelite verabschiedet sich in San Francisco von Bill Graham


An diesem Sonntagnachmittag, dem 3. November, sind alle gekommen: Bob Dylan, Grateful Dead, Crosby, Stills, Nash & Young, John Fogerty, Carlos Santana, Jackson Browne und Los Lobos, um nur die Bekanntesten zu nennen. Sie alle stehen nacheinander auf einer Bühne im Golden Gate Park. Und sie alle haben dem gebürtigen Berliner Wolfgang Grajonza, der im Zweiten Weltkrieg als jüdisches Waisenkind aus der Alten Welt nach New York kam, viel zu verdanken. Unter dem Namen Bill Graham kannte man den Mann mit dem markanten Gesicht und der dunklen Wuschelmähne als ersten und erfolgreichsten Rock-Impresario der US-Szene. Kaum ein Künstler von Rang, der nicht mit ihm zusammengearbeitet hätte, die Rolling Stones oder Led Zeppelin gehörten ebenso zu seinen Kunden wie Janis Joplin oder Jimi Hendrix. Mitte der 60er Jahre eröffnete Graham zudem die wohl wichtigste Brutstätte der noch jungen Rockmusik, das legendäre Fillmore West in San Francisco. Wenig später schuf er mit dem Fillmore East das Pendant in New York City. Überdies etablierte Graham in den 70er Jahren federführend die Open Air-Kultur mit Zuschauermengen, die nicht selten sechsstellige Zahlen erreichten. Am Abend des 25. Oktober ’91 war der gerade 60jährige Graham nach dem Besuch eines Huey Lewis-Konzertes während eines Unwetters in der Nähe des kalifornischen Sears Point Raceway – dort sollte ursprünglich das „Altamont“-Festival stattfinden – mit dem Hubschrauber tödlich verunglückt, Die Mitarbeiter seiner Firma organisieren daraufhin das Memorial Concert, zu dem eine gute halbe Million Fans anreisen. Nachdem zum Abschluss des achtstündigen Festivalprogramms Kris Kristofferson undJoan Baez gemeinsam „Amazing Grace“ gesungen haben, ist Bill’s letzte Show vorbei.