Element Of Crime – Dortmund, Live Station


Was hatte die 250 Besucher an diesem verregneten Abend in die Live Station aelockt? Ehrliches Interesse oder die Kunde, daß der große John Cale das zweite Album dieser jungen deutschen Band produziert hat? Letztendlich war’s egal, denn die vier leisteten eineinhalb Stunden gute Arbeit, und drum gab’s nach dem Auftritt überwiegend zufriedene Gesichter.

Die kleinen, simplen Beweggrunde für Verbrechen sind es. die Sven Regener. Sänger. Gitarrist und Trompeter, in seinen Texten verarbeitet. Was auf Vinvl teilweise noch sehr hingeschnoddert klingt, gewinnt auf der Bühne enorm an Ausdruck. Sänger Regener wächst über die Studioform hinaus und jagt seinen Zuhörern mit Geschichten von Fremden, die jungen Mädchen ans Zeug wollen („Beware Of Strangers“) und den Lebensmomenten, in denen nichts mehr läuft („Something Was Wrong“), milde Schauer über den Rücken.

Mit einem kompakten Rhythmus-Korsett geben Bassist Veto und Schlagzeuger Richard Pappik selbst den langsamen, balladesken Nummern noch den nötigen Drive. Auf dieser Basis können sich Sven Regener und Gitarrist Jakob Ilja nach Herzenslust (-Frust) austoben: besonders letzterer gehört zu der Sorte Musiker, die bei jeder Berührung mit ihrem Instrument in viahnhafte Zuckungen verfallen.

Frontmann Sven dagegen verzichtet auf akrobatische Showeinlagen. sondern stellt statt dessen seine Klampfe von Zeit zu Zeit in die Ecke, um sie gegen seine goldene Trompete auszutauschen. Ganz ohne Instrument, mit einer Zigarette in der Faust, krallt er sich bei „Don’t You Smile“ an den Mikroständer und wimmert so inbrünstig, daß man ihm den Weltschmerz unbesehen abkauft.

Nach dem runden Programm plus vier Zugaben und einer „Take Me To The River“-Version. die selbst Soul Vater AI Green zu würdigen gewußt hätte, waren Band und Publikum erschöpft und zufrieden. Obschon Element of Crime nicht gerade das sind, was man unter „Losgeh-Band“ versteht, hallte der Applaus von Stück zu Stück lauter.

Eine Distanz (von fünf Metern) zwischen dem Quartett und den Zuhörern blieb dennoch. Recener mußte sich anschließend von einer Verehrerin gar als „arrogantes Schwein“ schelten lassen, weil er ihr und auch sonst niemandem heim Singen in die Augen geschaut habe. Seine lakonische Antwort: „Der Auftritt war o.k. — und ein Lottogewinn wär’s eh nicht gewesen, wenn ich dir in die Augen geschaut hätte“, dürfte für das Selbstverständnis der Band bezeichnend gewesen sein.