Elliott Smith – New Moon


Das Leben nach dem Tod auf Platte: 24 bisher unveröffentlichte Songs zeigen noch einmal die Größe des Singer/Songwriters aus Portland.

Das ist immer so eine Sache mit Alben, die nach dem Tod des Künstlers erscheinen. Gibt es wirklich noch unentdeckte Schätze, die dringend unters Volk müssen, oder wird Mittelmäßiges veröffentlicht, Songs, die der Künstler zu Lebzeiten nicht auf seinen Platten haben wollte? Droht Elliott Smith das Schicksal von Tupac, fragte so auch bang der „New Yorker“, als New Moon angekündigt wurde, ein Doppelalbum mit Stücken, die Smith zwischen 1995 und 1997 aufgenommen hatte. Immerhin geht es um den Nachlass eines Mannes, der eine Ikone der 90er gewesen war, ein trauriger Held der Slacker-Jahre, Vorbild einer ganzen Generation von Liedermachern. Ein Musiker, der durch seinen tragischen Tod mit 34 Jahren – erstochen, vermutlich von sich selbst – zum ersten verklärten Rock’n’Roll-Toten des 21. Jahrhunderts wurde. Im Fall Smith ist die Sorge unbegründet. Man merkt New Moon an, dass die Stücke eigentlich für seine frühen Alben gedacht waren. Sie haben die gleiche Zartheit, die gleiche Tiefe, nichts wirkt, als wäre es irgendwie nicht fertig geworden. Behutsam gemischt wurde das Album Moon von Larry Crane, einem alten Weggefährten, der sich um den Nachlass kümmert. Kaum vorstellbar heute, dass Smith 1998 mit seinem Song „Miss Misery“ vor den Hollywood-Mogulen bei der Oscar-Verleihung aufgetreten ist. Zu zerbrechlich wirkt das, was er hinterlassen hat. Dass er, wie es im Booklet steht, nachts durch die U-Bahn-Schächte gelaufen ist, klingt – so bitter und entsetzlich es ist – mit New Moon im Ohr schon eher nachvollziehbar, auch wenn es vielleicht nur eine Legende ist. „Oh man, what a plan, suicide“, heißt es in „Georgia, Georgia“. Dass jetzt, wo die rockenden 90er mit Dinosaur Jr. und den Smashing Pumpkins zurückkommen, auch der leise Mr. Smith wieder dabei ist, ist irgendwie konsequent und einfach: fabelhaft.

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