Fine Young Cannibals


Da gibt sich die Band einen blutigen Namen, nennt ihr neues Album THE RAW AND THE COOKED - und dann steckt uns der Manager, daß die Drei seit Jahren vegetarisch leben. Zur Strafe mußten sie mit Ihren Gesichtern unsere Gemüseplatte garnieren.

Den großen Widerspruch klärt Sänger Roland auf: „Das Gute an unserem Namen ist, daß er scheinbar einen Haufen Bilder vermittelt. Aber er bedeutet nichts, es sind einfach nur drei Wörter, die zusammen gut klingen.“

Ebenso, wie die Titel-Worte des neuen Albums auch nicht für die Essgewohnheiten der Musiker stehen. Als überzeugte Vegetarier („Ich esse erst wieder Fleisch, wenn ich bereit bin, das entsprechende Tier selbst zu töten“) lief ihnen bei der Foto-Session dann aber schnell das Wasser im Mund zusammen. Kein Wunder bei den gut zwei Dutzend Gemüsesorten, allesamt knackfrisch. „Es war wie im Paradies“, schwärmt Roland, die Schwarzwurzel der Band, „ich hab mich gefühlt wie ein Bergbauer. Ich habe einen Riesen-Hunger gekriegt und mußte gleich ein paar Paprikas verdrücken. „

Menschenfresser sind die drei britischen Kannibalen Roland Gift. Andy Cox und David Steele also keine, und mit ihrer aktuellen Platte können sie allenfalls ihren Chart-Kollegen gefährlich werden. THE RAW AND THE COOKED knüpft dort an, wohin die Cannibals mit dem Song „Johnny“ schon bei ihrem vielbejubelten 86er Albumdebüt ausgeblickt haben: eine klare Hinwendung zu aktueller Tanzmusik der Minneapolis-Schule. Vier Titel klingen, als wären sie von Prince produziert. Stimmt fast, denn hier war David Z., ehemals Keyboarder der Prince-Band und derzeit Tontechniker in den Paisley-Studios, am Werk.

Doch der kam eher zufällig zu dem Kannibalen-Job, lacht Andy Cox: „Das Ganze entstand eher aus einem Witz heraus. Am liebsten produzieren wir selbst, aber als die Plattenfirma uns nahelegte, wir sollten doch einige Stücke mit einem fremden Produzenten aufnehmen, schlugen wir eben Prince vor und dachten dabei: Den kriegt ihr eh nie. Plötzlich sagte dann aber David Z. zu. und mit dem Ergebnis sind wir recht zufrieden.“

Roland war die Produzenten-Suche von vornherein schnurz, er findet die Songs selber viel wichtiger: Jeder Song soll an sich gut sein, er wird nicht durch die Produktionen und das Arrangement gut. Allenfalls klingt er besser. Der Kern unserer Musik muß aber auch dann noch voll /überkommen, wenn man sie nur mit der Gitarre und Gesang spielt.“

Den Beweis dafür werden die Cannibals – zumindest in diesem Jahr – schuldig bleiben, denn sie wollen heuer auf gar keinen Fall eine Tour machen. “ Wir werden auf Tournee gehen, sobald wir das wollen und nicht, weil man als Band die Verpflichtung dazu hat. Der ganze Zirkus um den Rock’n’Roll-Mythos mit Tour/ LP/Tour/LP und so weiter ist mir schon lange ein Dorn im Auge.“

Fans des Trios werden also vorerst mit den geplanten TV-Auftritten vorlieb nehmen müssen. Oder sie gehen ins Kino und schauen sich den Schauspieler Roland in dem kommenden Stephen-Frears-Film „Scandal“ an. Denn nach seinem Erfolg in „Sammy & Rosie tun es“ ist er inzwischen auch vor der Kamera ein gefragter Mann.