Konzertbericht

Fred again.. live in Berlin: Party mit feeling all the feels


Bei seinem einzigen Deutschland-Gig schafft der Sympathieträger sowohl Gemeinschaftsgefühl wie auch Gänsehaut.

Der britische Singer-Songwriter, Musikproduzent und DJ Fred Again.. spielte an diesem Dienstag (12. September) sein einziges Deutschland-Konzert. Ein Jahr zuvor legte der Musiker noch auf der Bühne des UFO Velodrom in Berlin auf, heutzutage ist er in der Mercedes-Benz Arena zu sehen. Vorverkauf, Warteschlange, Nervenflattern. Die Konzerttickets waren innerhalb weniger Minuten – um nicht Sekunden zu sagen – ausverkauft. „It’s mental!“, wiederholte sich der Brite mit seinem unverkennbaren Akzent mehrmals an diesem Abend. Es klinge absurd, aber er habe nicht gewusst, wie groß die Locatin sei, meint der Sympathieträger. Wir waren bei dem einzigen, großen Party-Gig dabei.

Musikalische Tagebücher

Die grellen Scheinwerfer, die bis eben das Innere der Mercedes-Benz Arena erleuchtet haben, gehen aus. Die Nebelmaschine läuft auf Hochtouren und lässt alles vor Augen immer mehr verschwimmen. Die Aufmerksamkeit von fast 17.000 Menschen richtet sich auf die Bühne, auf der zwei DJ-Pulte von einer mehrköpfigen Crew drapiert wurden. Die Zuschauer:innen vor der Stage tummeln und drängen sich immer weiter zusammen. Hauptsächlich in Schwarz gekleidet, manchmal sticht der Ärmel eines neongelben Oberteils oder ein silberner Pailletten-Rock aus der Masse hervor. Dann springt der größte der insgesamt fünf Screens an und gibt ein undefinierbares Bild frei. Eine sanfte Melodie erklingt. Gejubel, obwohl (noch) nichts passiert. Das Bild bewegt sich schnell und ruckartig, dreht sich – bis ein breit grinsender Fred Again.. in die Kamera blickt.

Das Bild zeigt ihn noch hinter Bühne. Er trägt die Zuschauer:innen bzw. die Kamera auf dem Weg zur Stage mit sich mit. Während andere Künstler:innen den großen Auftritt lieben, kann man bei Fred Again.. auf diese Weise an seiner Nervosität und Spannung teilhaben. Als er dann endlich in Person vor die Crowd tritt, kann sich die Menge kaum halten.

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Der DJ konstruiert an seinem Pult die Töne des ersten Songs „Kyle (I found you)“. Ein Bildschirm hinter ihm zeigt persönliche Videoclips dazu. Alle in Hochkant und offensichtlich mit dem Handy gefilmt. Alle im 90er-Homevideo-Style – das Markenzeichen des Musikers. Zwei Senioren mit Wunderkerzen in der Hand, eine Frau, die über den Campingplatz tanzt und schließlich Kyle, der die Lyrics singt und mit Handgesten untermalt: „I found you beautiful / I found you exploding /I found you“. Meistens wirken die Clips unprofessionell und provisorisch, doch genau das macht Fred Again.. auch so nahbar.

Dann präsentieren die Screensim Anschluss wieder den DJ, der angesichts der vorher herumflimmernden Videos strahlt. Er erlebt mit jeder Show kleine, aber wertvolle Momente seines Lebens wieder und wieder. Again und again and again, wie auf seinem Merch-Shirt stehen würde. Fred Agains Alben sind seine „musikalischen Tagebücher“, wie der Songwriter sie bezeichnet. Das spiegelt sich auch in den Titeln wider. LIFE ACTUAL heißen seine ersten drei Platten, chronologisch mit den Zahlen von eins bis drei versehen und der Zeitspanne, in der sie entstanden sind.

Der Geschichtenerzähler

Zwischen den Tracks teilt der sympathische Brite gerne mal die ein oder andere Anekdote. Wie zu dem Song „adore you“, den der Künstler ursprünglich für seine kleine Schwester Georgie schrieb – und den er nun auch seiner neugeborenen Nichte widmet. Während er die ersten Töne des Songs erklingen lässt, erzählt der kreative Kopf die spektakuläre Geburt-Geschichte seines neuen Familienmitglieds. Kurz gefasst: Die Frau seines Bruders war hochschwanger, wollte aber trotzdem Fred Agains Set auf dem Glastonbury Festival in England sehen. Während der Musiker seine Show spielte, bekam seine Schwägerin – vermutlich dem vibrierenden Bass geschuldet – ihre Wehen und machte sich auf die dreistündige Rückreise nach London, wo Freds Nichte schließlich zur Welt kam. Das Bild eines Neugeborenen erscheint sogleich auf dem mittleren Screen der Bühne. Fred Again.. singt selbst die Lyrics, die auf der Originalversion von dem nigerianischen Musiker Obongjayar stammen. Seine Stimme ist ganz klar und voller Gefühl. Der Künstler schafft es tatsächlich auf eine nicht-kitschige Weise, die Menge zu rühren.

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Beim Songkreieren live dabei

Fred Again.. findet das perfekte Mittelmaß zwischen Sich-ans-Herz-fassen-Liedern und seinen Tanzen-und-Springen-Tracks. Für „Jungle“ und „Delilah (Pull Met Out of This)“ bahnt sich der DJ seinen Weg durchs Publikum, um zu seiner zweiten Bühne, in der Mitte des Stehbereichs, zu gelangen. Das weiße Lichtfeld, das an der Decke schwebt, nähert sich dem Künstler immer mehr. Die Bewegung verbildlicht die Zeit, die bis zum Beatdrop abläuft.

Es fühlt sich jedes Mal fast wie ein Ratespiel an. Der Electro-DJ kreiert einen Beat auf seinem Drumpad. Man glaubt zu meinen, welcher Track kommt. Doch je mehr Töne aufeinander aufbauen, verwirft man das, was man glaubt zu meinen, und lässt sich einfach fallen. Es fühlt sich so an, als würde man Fred Again.. dabei begleiten, wie er seine Songs bildet. Der Beat von „Jungle“ droppt und alle Hände schießen in die Höhe. Das Licht flackert grell auf. Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist das Konzert eine einzige große Party. Der Musiker muss danach erstmal tief durchatmen. Scheinbar fühlt er selbst alles am meisten.

Fred Again.. während er auf seiner zweiten Bühne den Track „Jungle“ aufbaut.

Gemeinsam ein bisschen lost

Wie Tageslicht, erhellen Tausende von Handy-Taschenlampen die Mercedes-Benz Arena, als der Musiker seinen finalen Song „Angie (I’ve been lost)“ spielt. „I’ve been lost, I’ve been lost, I’ve been lost / I’ve been lost for a while / But I’m really trying“: Die Menge singt die Lyrics des Tracks immer und immer wieder. Es sind die einzigen (sich wiederholenden) Worte, die die Melodie begleiten.

Kein Song erscheint so passend für den Schluss wie dieser, denn das Publikum – zum Großteil in ihren Zwanzigern – fühlt sich vermutlich wirklich oftmals lost. Vielleicht sind es diese Zeilen oder aber die Liebe zur Musik, die ein Gemeinschaftsgefühl mit Tausenden von Fremden an diesem Abend ermöglicht. Haare stellen sich auf und Gänsehaut bedeckt den Körper. Fred Again.. gluckst heiter. Der letzte Song ist zu Ende. Die Menge gibt noch nicht auf, aber die grellen Leuchtreklamen und die Scheinwerfer der Arena reißen einen grob aus der gefühlsreichen Welt, die er diese eineinhalb Stunden geschaffen hat. „Get home safe everyone, thank you“, erscheint auf dem großen Bildschirm. Ein rotes Herz-Emoji darunter. Nur Liebe. Again and again and again.

Tausende von Lichtern für Fred Again..

Hört hier in LIFE ACTUAL 3 rein:

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Theo Batterham Warner Music
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