Holiday – Cool am Pool


„Einmal“, weiß Adrian Belew, „habe ich zwei Monate am Strand verbracht und den ganzen Tag nur Jimi Hendrix, Strawinsky, Roy Orbisons Greatest Hits und ,Good Vibrations‘ gehört. Eines Tages landete ein Raumschiff. Elvis war an Bord, John Lennon auch. Ich habe mich lange mit ihnen angeregt unterhalten – bis ich aufwachte und feststellte, daß alles nur ein Video war.“

Vor derart drastischen Sonnenschäden sind also auch unsere Popstars nicht gefeit. Die Mamas & Papas-Stimme Michelle Phillips besucht den vulgären Strand denn auch allenfalls bei Nacht und Nebel und bevorzugt ansonsten die schattige Eleganz ihres privaten Pools in Beverly Hills. Tom Jones hingegen, als ehemaliger Bergmann ohnehin nicht von der Sonne verwöhnt, kann seine Haut gar nicht vollkriegen: „Als ich ein Kind war, nahm mich mein Vater einmal zur Küste in Wales mit. Und als sich tatsächlich einmal die Sonne durch die Regenwolke kämpfte, schleppte er mich in eine Kneipe. Daraus habe ich gelernt.“

Auch in der Frage, ob mit oder ohne Partner grillen, scheiden sich die Sonnengeister. Tom Jones sähe als Pool-Gast am liebsten Winston Churchill, Jerry Casale von Devo möchte sich am Strand mit Porno-Queen Ciccolina verlaufen, Chris Isaak geht grundsätzlich alleine baden, während Corey Glover (Living Colour) allenfalls Begleitung auf die einsame Insel nähme, wenn er/sie einen Erste-Hilfe-Kurs absolviert hätte.

Und was für Musik hören unsere Sonnen-Götter an Pool und Beach? Außer dem Rauschen der Wellen nicht viel. Michelle Phillips würde notfalls ihren Rachmaninoff einpacken, Chris Isaak vergnügt sich am Strand zumindest mit passenden Kollegen: King Sunny (!) Ade, Sandy Denny und Billy … Ocean.

ABGETAUCHT

Bade-Spaß-Verderber will er nicht sein, doch bei allem Verständnis erinnert Dr. Gonzo vorsichtig daran, daß selbst Popstars nicht auf dem Wasser gehen können…

„Wasser ist zum Waschen da /fallerie und fallera/ auch zum Zähneputzen / kann man es benutzen. “ So vermeintlich arglos – und doch weitblickend – sprach schon der Volksmund in den 50er Jahren.

Dann aber trafen die Herren Popstars auf den Plan -und wußten mal wieder alles besser. Mal abgesehen von den fortan standesüblichen Orgien an den Hotel-Swimming-pools, über die hier gnädig das Mäntelchen des Schweigens gebreitet werden soll, machten diese ahnungslosen Menschen das nasse Element zum Thema schier unzähliger Songs. Man denke allein an jene Legionen von Saitenzupfern, die (vermutlich nach der Einnahme illegaler chemischer Substanzen) felsenfest der Meinung waren, den gotteslästerlichen Song „Walk On The Water“ covern zu müssen. Welch tragische Folgen solch unreflektierter Umgang mit einem der Elemente haben kann, beweist exemplarisch der Fall des Beach Boy Dennis Wilson, Der besang zwar auf seinem gleichnamigen Soloalbum den „Pacific Ocean Blue“, muß dann aber wohl völlig vergessen (oder verdrängt) haben, daß er auf dem Beach-Boys-HOLLAND-Album an dem Song „Don’t Go Near The Water“ mitgewirkt hatte.

Kurzum, am 4. Dezember 1983 gelüstete es den bis zum Kragenknopf abgefüllten Trommler nach einem Bad im saukalten Pazifik vor der Küste von Marina del Rey. Resultat; Sunnyboy Dennis Wilson, Schwarm Abermillionen Teenager, ertrank jämmerlich.

Und auch Brian Jones, der Namensgeber der Rolling Stones, fand sein trauriges Ende im Naß. Zwar existierte bis zu seinem Exitus Flüssiges in den Stones-Songs nur in Gestalt von feuchten Körperteilen, geistigen Getränken und Chemikalien in liquider Form, doch den Gitarristen gelüstete es am 3. Juli 1969 trotz schwer benebelter Birne nach einem kühlen Bad im Swimmingpool. Als man ihn Stunden später ausdem Wasser fischte, konstatierten die Ärzte zwar Tod durch Leberversagen, doch daß auch er ertrunken war, ließ sieh nicht von der Hand weisen.

Daß man zwar ein absoluter Saufaus sein, aber dennoch den geziemenden Respekt vor dem nassen Element haben kann, bewies mehrfach der Who-Trommler Keith Moon. „Moon The Loon“ versenkte zwar liebend gern Luxuskarossen in Gewässern aller Art, war aber Flüssigkeit eigentlich nur in Form von „Courvoisier“zugetan. Bezeichnend für sein Verhältnis zum Wasser die präzise Antwort an den Käufer einer seiner Villen, der der Meinung war, er müsse den Trommler unbedingt von der Entdeckung eines halb aus den Fluten des hauseigenen Teiches ragenden Rolls Royce in Kenntnis setzen. Moon ganz cool: „Ich weiß, denn ich hab’das verdammte Ding schließlich da reingefahren. „

Daß selbst ein Bad in der heimischen Wanne fatal enden kann, beweist der mysteriöse Tod von Doors-Sänger Jim Morrison. Daß ein solches Bad aber durchaus auch heilende Wirkung haben kann, belegt der Werdegang von AI Green: Der bezirzte in den späten 60er Jahren die Damen gleich legionenweise mit unnachahmlichem Liebesgesang und laszivem Hüftschwung. Bis eine so aufgeheizte Anhängerin in das Badezimmer des Herzensbrechers drang und dem in der Wanne dümpelnden Charmeur eine Schüssel mit heißem Griesbrei über den Rücken kippte.

Green erholte sich von seinen schweren Verbrennungen, ist heute „Reverend“ mit eigener Kirche und setzt sein ehemals Leib und Sinne verwirrendes Organ ausschließlich zum Lobe des Herrn ein.

Genug der warnenden Beispiele. Doch da es durchaus im Bereich des Möglichen liegt, daß schon morgen ein musizierender Depp durch eine saudumme Verstrickung den Tod im Handwaschbecken einer Flugzeugtoilette finden kann, will ich dennoch kurz auf beängstigende Zusammenhänge zwischen tragisch verschiedenen Musikern und ihren symbolschwangeren Songs aufmerksam machen. Ich sage nur: Bobby Darin („Splish Splash“), Otis Redding („The Dock Of The Bay“), Elvis Presley („Blue River), Felix Pappalardi („Mississippi Queen“) und und und. Und somit kommt man nicht umhin, allen Musikern, die sich heute The Waterboys, M. Walking On Water oder gar Billy Ocean nennen, eine sofortige Änderung des Namens ans Herz zu legen, und allen anderen, die sich möglicherweise morgen als Bademeister On Arid, Die vier Leichtmatrosen oder gar als Lifeguards On Parade aufs Publikum loslassen wollen, eine sofortige bandinterne Diskussion auf der Ebene eines der drei anderen Elemente zu raten. Firefighters. Spacemen, People Of The Earth, The Campfires – warum mit dem Feuer spielen, wenn man das Wasser und seine Untiefen kennt? Meint jedenfalls Euer Dr. Gonzo