Im Kino: „Quadrophenia“ und die Karriere der Who


Zwei Who-Filme, die vor einigen Wochen bei den Filmfestspielen in Cannes uraufgeführt wurden, kommen im Herbst in unsere Kinos: „Quadrophenia“, die Verfilmung des gleichnamigen Who-Konzeptalbums, und „The Kids Are Alright“, die Verfilmung der Who-Karriere. Ingeborg Schober hat beide Streifen gesehen, zunächst „Quadrophenia und dann „The Kids Are Alright“.

Wer ein Mammutprojekt im Stil von Ken Russells „Tommy“-Verfümung erwartet, muß umdenken. Das Doppelalbum „Quadrophenia“ wurde nicht zum bombastischen Musical-Spektakel aufgeblasen, sondern diente dem jungen englischen Regisseur nur als Basis für die Spielhandlung. Die Geschichte der rivalisierenden Jugendbanden Mods und Rockers, die sich an den Wochenenden in den frühen 60er Jahren erbitterte Kämpfe in den Seebädern Südenglands geliefert haben, wurde, trotz Statistenmassen, bescheiden und sensibel in Szene gesetzt. Jimmy, der Held der Geschichte, verkörpert all das, was die Mods, deren erklärtes Vorbild die Who waren, prägte: unzufriedene, überaus arrogante Jugendliche waren das, die sich mit maßlosem Tablettengenuß, übertriebener Mode und hochfrisierten Motorrollern Prestige verschafften und ihre Pubertätsprobleme zugleich hilflos wie aggressiv auslebten. Jimmy, der sich als einziger nicht anpassen will, gerät ungewollt in die Rolle des ‚born looser‘ und Rebellen, als er als letzte Konsequenz einen James Deanhaften Freitod wählt. Er stürtzt sich auf dem geklauten Motorroller, der seinem Vorbild, dem kaltschnäuzigen Ace (von Police-Sänger Sting unglaublich überzeugend gemimt) gehört, über die Klippen ins Meer. Roddam hat mit Laiendarstellern ein sarkastisches, komisches, gefühlvolles und mitunter auch brutales Zeitbild geschaffen, daß durchaus aktuelle Züge zur augenblicklichen Lage der englichen Jugend aufweist. Man hat auf alles Spektakuläre verzichtet; selbst neue Musik haben die Who für den Film komponiert (sie erscheint, wie auch die Songs von „The Kids Are Alright“ als Soundtrack). Das macht diesen Film sympathisch, aber auch außerhalb Englands, wo die Motive der Mods und Rockers nicht ganz durchschaubar sind, problematisch.

Gruppenportaits sind ein schwieriges Unterfangen, vor allem dann, wenn sie Spielfilmlänge besitzen sollen. Doch „The Kids Are Alright“, von Regisseur Jeff Stein in Zusammenarbeit mit der Band hergestellt, ist eine ebenso rühmliche wie erfrischende Ausnahme. Es ist ein amüsantes und zugleich informatives Kaleidoskop der 15jährigen Who-Karriere, nicht chronologisch, sondern anekdotenhaft aufgebaut. Da reiht sich eine Pointe an die andere: die Who als Frühpunker und Bürgerschrecks, im amerikanischen Fernsehen, beim deutschen Beat-Club, Keith Moons geniale Clownerien, selbstironische Privatszenen, jede nur vorstellbare Interviewsituation, Woodstock, die Zeit der großen Arena-Konzerte.

Das ganze ist so turbulent und bunt, daß damit auch zugleich die ganze Ära der englischen 60er Jahre wieder lebendig wird. Neben The Who als Hauptdarsteller sieht man auch ein paar Kollegen wie Ringo Star, zieht noch einmal die Entwicklung der Rockmusik, von der rebellischen Jugendkultur bis zum seriösen Kultursound am Auge vorüber. Fazit: „These Kids Are Alright!“