Journey Into Space


Als erste Rockband der Welt wollen Journey bekanntlich per Weltraumfähre ins All schweben. Nach dem Motto "Journey will journey into Space" spinnen Nightmare Inc., das mächtige Managment hinter der amerikanischen Rockband, bereits jetzt an diesem verrückten Promotiongag. Zur Zeit ist die Gruppe jedoch voll mit der Produktion ihrer LP "Departure" (!) beschäftigt. Ehe sie für die Produktion in die Startlöcher gingen, luden sie ME-Korrespondent Ray Bonici zu einer Journey in die Staaten ein.

Acht Stunden Journey verteilt über verschiedene Konzert-Stadien all over California. Was sie sich von meinem Besuch versprechen ist klar: Publicity in Europa. In den Staaten brauchen sie weißgott keine Hilfestellung mehr. Das bewiesen sie unter anderem beim „Day On The Green“-Festival, das Bill Graham in Oakland veranstaltete, vor nahezu 50.000 Leuten.

Journey ist das geistige Kind von Manager Herbie Herbert, der, wie auch Gitarrist Neil Schon und Keyboardmann Greg Rolie, einige Jahre mit Santana verbrachte. Herbie machte aus Journey ein Unternehmen. Trotzdem ist Journey noch immer gut für saubere und gute Rockmusik. Als ich. die Band in diesen paar Tagen begleitete, hatte ich wirklich den Eindruck, daß die Musiker jedes Konzert unter vollem Einsatz abfahren. Nicht nur die Leader Rolie und Schon, sondern auch Sänger Steve Perry, Bassist Ross Valory und Drummer Steve Smith, der vor einiger Zeit Aynsley Dunbar ersetzte.

Dabei war Rolie nach seinem Split von Santana gar nicht mal davon überzeugt, jemals wieder ins Musikbusiness zurückzukehren. Jedoch Herbie rief ihn an, als Journey gerade sieben Tage alt war, und da sich die Musiker alle auf einem Level bewegten, blieb er dabei. Zwar gab es keinerlei Garantie auf Erfolg, aber nach all den enervierenden Erfahrungen mit Carlos Santanas Religionstrip und dem Drogenmißbrauch innerhalb der Band war es Greg schließlich egal, wieviel Geld er bei Santana eventuell noch hätte verdienen können. Neil Schon ging es dabei nicht anders.

Mit den ersten drei LPs präsentierten Journey sich noch reichlich technisch. Mit „Infinity“ und „Evolution“ bewegten sie sich schließlich deutlich aufgelockert auf ihr Publikum zu und gliederten ihre Musik in greifbare Songform. „Wir gehen jetzt tatsächlich mehr auf die Zuhörer ein“, meint Greg, „denn die Leute wollen mitsingen und den Takt klopfen.“ Und diese Erkenntnis verhalf Journey nach schleppendem Start schließlich zu einem Riesenpublikum – siehe Oakland. Greg: „Auch die Verkaufszahlen unserer letzten beiden Alben waren phänomenal. Wir hatten das absolut nicht vorgeplant. Irgendwann hatten wir uns entschlossen, einen Sänger in die Band zu nehmen, und kamen so auf Robert Fleischmann. Aber das lief musikalisch überhaupt nicht. Steve Perry schickte dann ein Demoband an Herbie und der stand darauf. Ehe wir uns versahen, war er in der Band; voll integriert innerhalb kurzer Zeit, es ist wie mit Steve Smith. Jeder nennt ihn den „neuen Drummer“. Aber er ist der Drummer.“

,,Infinity“ und „Evolution“ gehören zu der Trilogy, deren letztes Glied, „Departure“, soeben in Arbeit ist. In welcher Beziehung steht es jetzt zu den anderen? Greg: „Wenn man es genau betrachtet, beginnt es schon beim ersten Album: alles steht in irgendeiner Beziehung zum Begriff ‚Zeit‘. Es entwickelte sich nahezu von selbst. Herausgefunden haben wir es eigentlich erst nach dem vierten Album. Danach machten wir ‚Look Into The Future‘, ‚Next‘ und ‚Infinity‘. ‚Evolution‘ markierte dann einen weiteren Zeit-Sprung. Damals erarbeiteten wir einen anderen Musiktypus, wir hatten ja auch den neuen Drummer. Es gab mehr uptempo Songs, außerdem wurden sie kürzer. ‚Departure‘ könnte zum Beispiel nun bedeuten, daß wir auf dem nächsten Album alles wieder revidieren. Wer weiß? Wir planen übrigens auch noch ein Doppelalbum mit echter, guter Livemusik.“

Roy Thomas Baker dürfte dabei als Produzent wohl ausgebootet sein. „Es gibt schon Arschlöcher in dieser Welt!“ Greg lacht gequält. „Du konfrontiertest ihn mit einem Song und anstatt, daß er sagt, ihr müßt das und das ändern, meint er nur, das sei Schrott. Sowas hat uns natürlich überhaupt nicht weitergebracht. Jetzt haben wir beschlossen, einem Durchschnittstypen wie dem Tontechniker die Regie zu überlassen.“

Nun habe ich also die weite Reise gemacht, um in Europa etwas über Journey zu veröffentlichen. Vermutlich wollten sie mit dieser Einladung ihren Schallplattenkonzern, die CBS, übertölpen, die eine Tour jenseits des Ozeans ,,aus irgendwelchen blöden Gründen“ erst einmal verschoben hat. „Scheinbar sind sie gar nicht daran interessiert“, vermutet Greg. Und Steve sagt: „Ich meine über die Reaktionen aus Europa können wir doch wirklich glücklich sein. Mit Sicherheit werden wir nicht in Sheffield auftreten, weil sie da so total ausgepunkt sind. Spukken, das ist alles, was die können. In einem anderen Land hat uns der Veranstalter so quasi als Santana verkauft. Das sind alte Geschichten, Mann. Aber was uns wirklich mal ein Konzert versaut hat, war, daß Ross verletzt wurde, als so ein Kid mit ’ner Bierflasche warf. Wir sind keine verdammten Zielscheiben! Und aus diesem Grund werden wir nur in den wichtigen Hallen auftreten; dort wo sich das Publikum im allgemeinen gut benimmt. Deutschland und Frankreich sind gute Märkte für uns, dort weiß man gute Rockmusik zu schätzen.“

Oh je, was sagen die gebrannten Kinder von Journey jetzt dazu, daß ausgerechnet Bands wie die Clash oder die Boomtown Rats und jemand wie Elvis Costello harte Konkurrenz, für viele amerikanische Bands bedeuten? Greg Rolie schießt Giftpfeile ab: „Ich kann mich nicht auf dasselbe Niveau wie Elvis Costello begeben. Leute wie er gehören einfach nicht in dieses Geschäft, weißt du, ich bin es einfach nicht gewöhnt, bespuckt oder mit Flaschen beworfen zu werden. (Was hat Costello damit zu tun? Die Red.). Ich gehe nicht auf die Bühne, um jemanden zu schokkieren. Ich meine, die Sex Pistols haben sich schließlich zu Tode geschockt… und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.“

Wechseln wir lieber das Thema. Das Journey-Unternehmen besitzt einen kompletten Transporter-Park, eine enorme Lichtanlage sowie jede Menge Sound-Equipment; laut Herbie sollen demnächst noch eine Boing 737 und ein Computer dazukommen. „Das kann schon sein“, meint Greg. „Wir sind in den Staaten mittlerweile so erfolgreich, daß diese Dinge für uns notwendig werden. AD das läuft unter dem Mantel von Nightmare Inc; jeder von uns ist sozusagen Direktor dieser Gesellschaft. Aber wir sind nach wie vor kreativ. Wir werden in der Tat die erste Rockband an Bord eines Space Shuttle sein.“