Killing Joke


Wenn Jaz Coleman mit Gefolge nach langer Abstinenz wieder ein neues Produkt auf der Bühne präsentiert, dann kann das spontan nur die ganz treuen, ewig schwarz gekleideten Jünger begeistern. Und so fand sich immerhin ein kompetentes, wenn auch zahlenmäßig kleines Publikum in der Theaterfabrik ein. Die Leute durften befriedigt Zeugen einer Auferstehung werden, die vermutlich all ihren kühnsten Erwartungen entsprach. – EXTREMETIES, DIRT AND VA-R1OUS REPRESSED EMOTIONS so heißt die jüngste Platte von Killing Joke. Und diese Parole gibt heute noch die gleiche Atmosphäre wider, wie sie genauso schon vor zehn Jahren herrschte, als die schräge Kultband ihre kommerzielle Hoch-Zeit hatte.

Und über Geschmacksfragen läßt sich bekanntlich immer streiten — damals wie heute. So gehen die schwarzen Striemen in Colemans manisch verzerrter Grimasse genauso an die Geschmacks-Grenzen wie seine pathetische, bedrohliche Ankündigung eines „War-Dance“. Doch Killing Joke steht ja sowieso nicht auf den Bühnen dieser Welt, um freundlich lächelnd irgendwelche starren Konventionen einzuhalten. Denn schon die extreme Lautstärke ihrer psycho-paranoiden Klänge stellt jeden aufgeschlossenen Zuhörer vor die knallharte Alternative: Love it or leave it.

Und dann die Show: Grünes Scheinwerferlicht reduziert Colemans hageres Gesicht zur futuristischen Horrorfratze; mit zuckenden Tanzbewegungen paralysiert der Joker die ergebene Menge. Da spielt es gar keine Rolle mehr, ob sich die Nackenhaare bei den neuen Songs kräuseln, oder ob alte Hits die gewohnten Schauer über den Rücken rieseln lassen. Nur die seltsame Stimmung zählt, die unwiderstehliche Intensität, die diese Band immer noch verbreitet, wenn man sich nur ein wenig auf sie einläßt.

Daß Zugaben-Schlager wie „Love Like Blood“ in ihrer Harmlosigkeit dabei fast aus dem Rahmen fallen, spricht letztlich nur für den Weg, der Killing Joke nach Charts-Erfolgen und großem Geschäft wieder zur Basis ihres kranken Hirngeschwurbels geführt hat. Und der allgemeine Konsens im Publikum nach gut einstündiger Terror-Show — „die haben sich gar nicht verändert“ — ist ausnahmsweise mal nicht abwertend gemeint.