Lee Hazlewood: Berlin, Schiller Theater


Der große alte Mann der Coolness gibt sich noch einmal die Ehre.

Es gibt nicht viele Künstler, die Banalitäten allein mit dem Klang ihrer Stimme Gewicht verleihen können. Lee Hazlewood, Songwriter und Produzent aus Texas, gehört ohne Frage zu dieser seltenen Spezies. „So this is Berlin“, lässt er seine Ich-hab-in-meinem-Leben-viel-Whisky-getrunken-. Stimme sagen, wartet dann kurz und legt ein lässiges „alright“ nach. 73 Jahre alt ist Lee Hazlewood. der Mann hat also reichlich Vergangenheit – und die wird heute zelebriert. Im Rücken hat der stoische Grofistadtcowboy dabei mit respektvollem Abstand eine Begleitband, die sich aus Mitgliedern der High Hamas und von Stereolab speist; ganz vorne auf der Bühne ist indes nur Platz für einen: für den Mann, der Mitte der sechziger Jahre eines der berühmtesten Pop-Duos aller Zeiten erlunden hat. Ein paar seltsame Songs werde er singen, ein paar obszöne und auch ein paar lächerliche, erzählt er. und manche seien gleich alles auf einmal. Das Publikum lauscht den Schnurren, die Hazlewood mit der Grandezza eines altersweisen Grantiers mal ironisch, mal zynisch, aber nie bitter zum Besten gibt, und ist erfreut darüber, dass Hazlewood keine schnöde Best-of-Show abliefert. Kein „Summer Vine“, kein „Some Velvet Morning“ entfleucht seinem brummigen Bariton, dafür aber jede Menge Lieder, bei denen sich begnadetes Spinnertum und Songwriting mit Finesse freundlich die Hand reichen. Hazlewood singt, das Gesicht den ganzen Abend hindurch von Sonnenbrille und Baseball-Käppi verdeckt, „The Girls In Paris“, sonort mit einer Stimme, die nichts von ihrer eindringlichen Kraft und emotionalen Wärme eingebüßt hat, die vielen „la-la-las“ und patscht sich dazu nonchalant auf die Schenkel. Und dann beginnt die große Aufklärungsphase. „Dirtnap Stories“ drehe sich um eine Beerdigungszeremonie à la Texas. „So Long Babe“ sei der erste Hit gewesen, den er Nancy aufs Minikleid komponiert habe – und überhaupt sei es ein Irrtum, dass viele Menschen glaubten, er habe nur einen einzigen Song geschrieben. Leider benehmen sich diejenigen im Publikum, die dieser irrigen Annahme sind, dann auch so; es setzt Juchhus und spitze Schreie. Lee Hazlewood reagiert adäquat und nimmt den MitkUtschern den Wind aus den Segeln, indem er „The Boots Are Made For Walking in einer ausgebremsten Version spielt. Als Zugabe serviert er „Whole Lotta Shakin‘ Goin‘ On“, einen Rock’n’Roll-Kracher von Jerry Lee Lewis, als „Love Poem“. „Shake, baby. shake. shake those…. shake, we ain’t fakin“, gurrt der alte Mann, und auch daran ist nichts peinlich oder gar notgeil – es ist eine Ode an das hedonistische Leben, das Lee Hazlewood stets konsequent gelebt hat. Ein „Thank you“, und er stakst von der Bühne. Wir haben zu danken. Denn Typen wie Lee Hazlewood werden heutzutage gar nicht mehr gebaut.

www.leehazlewood.com