Manu Dibango


Manu Dibangos Musik hat so viel und so wenig mit Afrika zu tun wie James Last mit deutscher Musiktradition.“ So hart (und abwegig) urteilte ein Kritiker nach dem (allerdings wirklich peinlichen) Auftritt des Zweimetermannes aus Kamerun beim Berliner „Horizonte“-Festival anno ’79. Hatte der Saxophonist und Sänger dort auf touristisches Geplänkel gesetzt, so bot er in Hamburg Musik, mit der auch seine zahlreich erschienenen schwarzen Brüder glücklich werden konnten.

Wer allerdings eine Live-Version des von Bill Laswell zurechtgescratchten Electric Africa erwartet hatte, mußte sich kräftig umstellen: bodenständiger Afro-Pop statt Hip-Hop. Die Makossa-Gang, besetzt mit zwei Gitarren und einer um grandiose Percussion erweiterten Rhythmusgruppe, bereitete den Boden für den Auftritt ihres hühnenhaften Meisters. Der bewies erst einmal, daß er sich ausführlich mit Jazz-Improvisationen beschäftigt hat, um dann mit dem charakteristischen Makossa-Sprechgesang Marke Kamerun (runder und ruhiger als die Rap-Hektik) die Stimmung anzuheizen.

Nächste Stufe der Show-Dramaturgie: Zwei Sängerinnen lassen Ihre Becken kreisen. Und als Dibango dann mit einem Reggae beweist, daß sich bei ihm „Afrika“ bestens auf „Rastafa“ reimt, da greift die Party-Stimmung Raum.

Einfacher Akkordaufbau, schlichte Baß-Riffs; andererseits: komplexe Arrangements, die manch simplen Song zur Mini-Sinfonie mit Chorgesängen, Breaks und unerwarteten Abschweifungen ausweiten. Die Rhythmik, schwer durchschaubar und dann wieder kräftig vorwärts stampfend, packt gerade durch ihre Monotonie.

Am ehesten droht die Spannung abzureißen, wenn Manu am Keyboard scheinbar ziellos Akkordketten ausprobiert. Er hat zudem eine offenbar so heftige Vorliebe für Plastik-Sounds, daß die Herstellerfirma wohl besser ihren Namen auf dem Synthi überpinseln läßt.

Aber was soll’s: Sein erklärtes Ziel – „the correct feeling“ verliert Dibango nie aus dem Auge. Mal klemmt sich sein Percussion-Mann eine Trommel unter den Arm und animiert Schwarze aus dem Publikum zu ekstatischen Tanz-Einlagen auf der Bühne; dann wieder sichert sich Dibango Zustimmung, indem er Nelson Mandela erwähnt – was bei einem Musiker, der sich Bokassas Krönungsfeier nicht entgehen lassen wollte, deplaziert wirkt. Aber wer weiß das schon: Die Sympathien im Saal sind dem wohlgelaunten Glatzkopf sicher.

Und als nach reichlich zwei Stunden die Damen zum Abschied noch einmal mit jugendgefährdender Choreografie für fruchtbare Stimmung sorgen, ist auch das letzte Hemd verschwitzt: African Soul in Hamburg – ohne den kühlen Umweg über New York.