Meet The Bangles


Weder die Kälte im Eifelort Monschau, wo der WDR“Music Convoy“ zwischen Fachwerk und Ritterburg haltmacht, noch die strapaziöse Reise von Los Angeles über London, Hamburg und Paris kann den Bangles etwas anhaben. Ohne Murren ertrugen die vier Mädchen jede Unbill hektischen Musikerlebens: Hunger, die Rüttelfahrt über Land, den Anblick von Hitlers Westwall-Resten. Dankbar streifen sie geliehene Wollsocken über ihre kalifornischen Füßchen. Wohlverhalten bei Proben und Interviews. Doch das Cover-Foto ihrer Debütsingle „A Hero Takes A Fall“ – ausgesucht von dem unglücklichen deutschen Labelmanager – ist dann doch zuviel des Guten. Susanna Hoffs, Michael Steele, Vicki und Debbie Peterson entsetzt: Igiitigitt. scheußlich.

schrecklich, disgusting …

Der Grund für die Aufregung: Das verwendete Foto ist nicht nur fossil, sondern zeigt die Mädels auch in männergerechter „tough girls „Pose.“ Genau soo aber sind wir nicht“, echauffiert sich Susanna, ein Schnuckelchen von Einmetersechzig. leuchtende Kohleaugen, schwarze Lockenpracht, verschmitztes Lächeln. Tochter einer „hip mother“ und eines Psychiater-Daddys mit russisch-jüdischen Vorfahren.

Und tatsächlich – wie eine im Reagenzglas gezüchtete, von Männern für Männer designte Titten-und-Arsch-Parade mit Straß und Straps sehen die vier nicht aus. Im Gegenteil! Eher wie bunte Hippiemädchen, die sich in Urgroßmutters Aussteuertruhe bedient haben.

Die Bangles sind, laut Susanna, eine „Garagenband“, „Warum macht man überhaupt soviel Aufhebens davon, daß wir Mädchen sind? Die vorherrschende Meinung besagt zwar, daß Musik reine Männersache ist, aber sowohl Prince als auch Thomas Dolby haben inzwischen Frauen in ihren Bands.“ „Und außerdem“, ereifert sich Michael weiter.“.wer nicht damit klarkommt, daß auch Mädchen Musik machen können, soll zum Psychiater gehen. Männliche Vorurteile sind nicht unser Problem!“

Aber sie waren es mal. Michael stand nämlich seinerzeit bei den Runaways, eine Züchtung von Kim Fowley, am Mikrofon. Doch diese Episode möchte die Bassistin am liebsten vergessen. Ihr Indexjahr ist 1983. Damals stieß sie zu den drei Ur-Bangles. die schon ein paar Jahre zusammen spielten und neben Dream Syndicate, Green On Red u.a. zu dem von Rodney Bingenheimer geförderten LA-Underground gehörten.

Bingenheimer. ehemals Clubbesitzer, Szenen-Guru und KROQ-Discjockey in Pasadena, entdeckte die Frolleins. die unter Ausschluß der Öffentlichkeit ihrem Faible für Beatles. Byrds. Buffalo Springfield. für Love, Monkees. Seeds und den Sixties-Beat frönten.

Der Stein rollte: Konzerte im legendären „Whisky A Go Go“, eine EP auf Faulty Records, ein Plattenvertrag mit der CBS im August 1983, eine Tournee im Vorprogramm von Cindy Lauper, das Debüt ALL OVER THE PLACE, LA-Monschau, here we are.

Michael erklärt, warum die Atlantik-Überquerung vergleichsweise lange gedauert hat: „Bei uns geht das mit ,sex, drugs & rock n‘ roll‘ andersherum: Zuallererst Rock n‘ Roll, keine Drogen und wenig Sex.“

Die Bangles wollen musikalisch ernst genommen werden. Zugegeben, die „Gitarre-Gesang-Alchemie“ klingt amüsant: weltbewegend ist sie nicht. Unüberhörbar verehren die beiden Haupt-Songwriter Susanna und Vicki die Sechziger. Charmant und mehrstimmig schwärmt das Quartett von Liebe, klaut Zeilen bei Klassiker T. S. Elliot („Dover Beach“), zitiert Vorbilder oder kapriziert sich – so die kalifornische Presse – als „The Mamas & The Mamas“. Doch die 80er Version des „California Dreaming“ hat noch einige Babykrankheiten.

„Als Songwriter“. so beteuern Susanna und Michael unisono, „stehen wir am Anfang. Und darauf geben wir dir Brief und Siegel alte Fotos werden in Zukunft auch nirgendwo mehr verwendet.“