Mit einem Soloalbum geht Ex-Suede Bernard Butler jetzt völlig eigene Wege


Mit einem Teelichter und Kerzenständer tauchen die Bühne in mattweiches Licht. Eine knappe Hundertschaft von Fans hat den Weg in den kleinen Club gefunden, in dem Bernard Butler sein soeben fertiggestelltes Soloalbum präsentiert -„People Move On“, komplett akustisch, nur Butler (als Sänger!) und seine Gitarre. Ohne Lightshow oder große Gesten stellt Butler die Arbeit der letzten Monate vor. Den verhaltenen Tönen folgt frenetischer Beifall. Keine Frage: das Publikum bestätigt Butler in dem, was er da vorträgt. Am nächsten Morgen kommt er mit großen Schritten die engen Stufen zu dem kleinen Pub hinaufgefedert, in dem wir uns verabredet haben, begrüßt die mütterliche Kellnerin mit einem scheuen Lächeln, schält sich aus seiner schweren Felljacke und pflanzt sich in die Eckbank: „Ich wohne hier gleich um die Ecke“, berichtet er, „und dieser Pub ist so was wie mein verlängertes Wohnzimmer.“ Bernard Butler, Ex-Gitarrist von Suede.für kurze Zeit Mitglied von The Verve und Kopf von McAlmont & Butler, kommt gänzlich ohne Allüren aus. Genauso normal wie sein Auftreten fällt das Frühstück aus: Speck und Ei statt Bier und Zigaretten. Nein, wie der geniale Psychopath, zu dem ihn ein Teil der britischen Musikpresse stempeln möchte, wirkt der 27jährige nun wirklich nicht. Auf Suede jedoch, meinte seine Plattenfirim Vorfeld unseres Treffens, solle man Butler besser nicht ansprechen. Bernard hatte die Band 1992 nach dem Album „Dog Man Star“ verlassen und damit dieses Kapitel seiner Musikerlaufbahn abgeschlossen. Anders als seine Plattenfirma ist Butler aber der Meinung, daß ein Gespräch über Suede keinesfalls die Atmosphäre unseres Treffens beeinträchtigen könne. Freimütig redet er über den Output der Band („Coming Up“ habe er sich gar nicht erst angehört und auf „Sci-Fi Lullabies“ interessierten ihn nur die Songs, an denen er mitgewirkt habe) und kommt zu einer Erkenntnis, die nicht nur für ihn alles andere als neu ist: „Es ist vorbei. Brett Anderson wollte Suede zur Popband machen. Er will ein Popstar sein und ist es jetzt wohl auch. Ich wünsche ihm viel Glück dabei. Aber dieser ganze Glamour ist nichts für mich. Ich bin Songwriter, meine Interessen liegen woanders.“ Schuld daran ist vor allem Neil Young: „Nachdem ich After The Goldrush‘ gehört hatte, konnte ich bei diesem ganzen Popzirkus nicht mehr mitmachen. Musik ist einfach zu schade für Botschaften wie Hey, wir sind sexy, wir sind die Größten‘.“ Ein Satz, der verdächtig nach The Verve klingt, jener Band, bei der Butler im Frühjahr 1996 für einige Wochen den Platz von Nick McCabe eingenommen hatte. „Die beste Band, mit der ich je gespielt habe“, meint Bernard rückblickend und fügt an: „Ich bin stolz darauf.“ Als Nick McCabe zu The Verve zurückkehrte, räumte Butler bereitwillig seinen Platz, um sich wieder eigenen Plänen zu widmen:“Hinzu kam, daß ich meine Stimme entdeckte. Ein vollkommen neues Instrument für mich, zu dem ich erst Vertrauen entwickeln mußte.“ Andere Instrumente kennt Butler besser. Neben Gitarre und Bass spielt er Orgel, Piano und Mellotron. Was also lag da näher, als sein Soloalbum „People Move On“ (Texte: Bernard Butler!) auch noch selbst zu produzieren. Nur Drums und Streichinstrumente mußte der Selfmakeman anderen überlassen. Inhaltlich, so Butler, sei „People Move On“ eine Aneinanderreihung von Momentaufnahmen aus seinem Leben, die in ihrer Summe eine durchgehende Geschichte ergäben. Apropos Geschichte: Die Erfolgsstory von Butler selbst, so scheint’s, hat gerade erst richtig begonnen.