Neue Videos


Die schlechte Nachricht zuerst: Der beste Musikfilm, der bislang das Licht der Leinwand erblickte, liegt (noch) nicht als Video vor. Die Rede ist vom Konzertfilm der Talking Heads, betitelt „Stop Making Sense“, der beim „Europäischen Filmfest“ in München erstmals in Deutschland gezeigt wurde. Mit vergleichsweise simplen Mitteln läßt der 96minütige Film an Tempo und Witz alles hinter sich, was sich bislang in diesem Metier versucht hat.

Wie gesagt, der Film liegt noch nicht als Video vor, doch zeigten sich nach der enthusiastischen Rezeption in München sowohl Filmverleiher als auch Video-Produzenten mehr als interessiert.

Erschienen ist mittlerweile das bereits im letzten Heft angekündigte Nena-Video zum empfohlenen Verkaufspreis von 79,80 DM; ein Rezensionsexemplar lag bei Redaktionsschluß aber noch nicht vor.

An der deutschen Veröffentlichungs-Front herrscht ansonsten Ruhe, während die Importeure auch im „Sommerloch“ diverse Neueingänge verzeichnen können. Live-Aufnahmen liegen u.a. vor von Chris de Burgh, Christine McVie, Johnny Winter, Michael Schenker, Deep Purple („Live in Japan“), The Band („Reunion Concert“) und U 2 („Live At Red Rocks“); Promoclips-Compilations von Howard Jones und Bill Wyman. (Einen Überblick über das aktuelle Angebot geben auch die Anzeigen der Video-Händler in ME/ Sounds.) Und damit zu den neuen Kino-Filmen auf Video:

Im Sommer hallen die Video-Anbieter ihre Hits traditionsgemäß zurück, speziell wenn die Fachmesse „Hifi-Video“ in Düsseldorf vor der Tür steht (24. bis 30. August). Zur Zeit wird unter den Neuheiten überwiegend Hausmannskost angeboten.

Herausragendes Videoereignis des Monats ist John Carpenters Neuverfilmung von Howard Hawks Science-fiction-Klassiker „Das Ding aus einer anderen Welt“. Carpenters Remake (bei CIC-Video) zeichnet sich vor allem durch seine eklig-orgiastischen Spezialeffekte aus, die diesem Film gute Indizierungs-Chancen einbringen. Staatsanwaltschaft und Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften werden sich „Das Ding“ angesichts der als Rundumschlag geführten „Anti-Horrorvideo“-Kampagne wohl nicht entgehen lassen.

Das gleiche gilt auch für den zweiten Teil von „Freitag der 13.“, der vorsichtshalber gar nicht erst in die Kinos kam, dessen Verschwinden in den Hinterzimmern der Videoshops aber schon eher zu verkraften sein wird (CIC).

Regisseur Sean S. Cunningham. auch schon für den ersten Teil verantwortlich, ist noch mit einem weiteren Film unter den Videoneuheiten vertreten: Unter dem schlichten Titel „Unheimlich“ schildert er grauenvolle Vorgänge in den Katakomben von New Yorks Grand Central Station. Ein Wahnsinniger hält hier eine Journalistin und ein kleines Mädchen gefangen. Auch „Unheimlich“ ist in deutschen Kinos noch nicht gelaufen (MGM/UA).

Zimperlich geht es auch nicht gerade in Sam Packinpahs Thriller „Bring mir den Kopf von Alfredo Garcia“ zu (Warner). Besagter Kopf soll dem glücklosen Abenteurer Bennie (Warren Oates) immerhin 10000 Dollar einbringen. Leicht verdientes Geld, denkt sich Bennie, denn er weiß, daß Alfredo Garcia bereits tot und vergraben ist. Aber da gibt es noch ein paar andere, die an die Belohnung wollen.

Für Donald Ducks 50. Geburtstag etwas zu spät (wurde im Juni gefeiert), aber mitten in die Feriensaison bringt Disney-Video „Donald Duck’s Ferienabenteuer“ auf den Markt. 68 Minuten Kurzfilme von Donald und Kollegen. Außerdem neu bei Disney: „Der Amazonenhäuptling“, ein Realfilm mit Dick van Dyke, Nancy Kwan und Akim Tamiroff.

Unter „Routineveröffentlichung“ kann man die monatlichen Bud Spencer/Terence Hill-Cassetten abhaken. Beide zusammen sind in „Zwei wie Pech und Schwefel“ zu sehen (RCA/Columbia), einzeln agieren sie in „Bud, der Ganovenschreck“ (RCA/Columbia) und in „Verdammt, verflucht und Hallelujah“ (Warner).

„Auch die Engel essen Linsen“ ist kein weiterer Hill/Spencer-Streifen (die essen nämlich Bohnen), sondern eine Drogenkriminalitäts-Komödie mit dem „Auge“ Michel Serrault. Regie: Jacques Besnard (VPS Video).

Aus Holland kommt ein Gruselthriller amerikanischer Machart; „Fahrstuhl des Grauens“ (Warner). Regisseur Dick Maas aus Haarlem verspricht:

„Die Leute, die den Film gesehen haben, werden zumindest einige Tage lang keinen Fahrstuhl mehr betreten.“ Im Gegensatz zu dem deutschen Liftdrama „Abwärts“, das zur Zeit mit Erfolg in den Kinos läuft, nimmt sich der „Fahrstuhl des Grauens“ nicht ganz so ernst.

Für die Fortsetzung von „Mad Mission“ wirbt der Verleih mit der Unterzeile „Der reine Wahnsinn II“. Dem ist nichts hinzuzufügen (VPS).

„Gleichzeitig alles sehen“: MGM/UA-Video kommt mit einem ganz speziellen Kontrastprogramm. „Bis die Gänsehaut erstarrt“ soll sich der Zuschauer gleich zweimal ansehen, und zwar synchron. Mittels des großspurig „Duo-Vision“ genannten Verfahrens zeigt dieser Frauenkiller-Film die Morde sowohl aus der Perspektive des Täters als auch des Opfers. Die simple Lösung des Rätsels: Der Bildschirm wird halbiert. So schafft man Platz für die „zweite Perspektive“. „Schizo-Vision“ wäre die passendere Bezeichnung.

„Ein Mann wird zur Bestie“. Gemeint ist Charles Bronson. der in diesem Film von Peter Hunt einen kanadischen Trapper spielt. Er hat sich mit einer Horde Goldsucher-Abschaum angelegt und wird von ihnen gnadenlos verfolgt. Auch die Royal Canadian Mounted Police ist in Gestalt von Sergeant Millen (Lee Marvin) hinter ihm her. In dieser Welt der Hunde und Männerfreundschaften ist die Frau (Angie Dickinson) nur schmückendes Beiwerk (CBS/ Fox).

„Getanzt wird überall. In den Straßen, auf den Boulevards, in den Diskotheken.“ Und jetzt wohl auch vor den Fernsehgeräten. „Breakdance Fever“ ist nach „Breakdance Sensation ’84“ (Atlas Video) ein weiterer Beitrag zur Breakdance-Bildschirmeuphorie (Euro Video). Zu empfehlen, wenn der Breakdance-Kursus im ZDF zu langweilig wird.

Anthony Perkins ist sein Film-Image als paranoider, grüblerischer Killer seit „Psycho“ nie mehr ganz losgeworden. Auch „Killer aus dem Dunkel“ (VMP) lebt von diesem zweifelhaften Ruf, obwohl Perkins nur in einer Nebenrolle auftritt.

Klangvolle Namen aus besseren Kinotagen tauchen in der Besetzungsliste des verworrenen Horrorschockers „Hexensabbat“ auf. Ava Gardner, Arthur Kennedy, Martin Balsam, Jose Ferrer, Burgess Meredith und Eli Wallach wirken unter der Regie von Michael Winner („Ein Mann sieht rot“) recht verloren (CIC).

Deplaziert wirkt auch der Regisseur Jacques Tourneur in der etwas dünnflüssigen Schwarzen Komödie „Ruhe sanft GmbH.“ (Originaltitel „Comedy of terrors“). Der Schöpfer so unvergeßlicher Meisterwerke wie „Cat People“, „I Walked with a Zombie“, „Out of the Past“ oder „Die Piratenkönigin“ drehte mit dieser Roger-Corman-Produktion im Jahre 1963 einen seiner letzten Kinofilme, bevor er sich ausschließlich dem Fernsehen zuwandte. In den Hauptrollen Vincent Price und Peter Lorre (VCL) In „Sugarland Express“ gaben zwei jetzige Weltstars ihr Debüt. Steven Spielberg führte hier seine erste Spielfilmregie und die Nachwuchsschauspielerin Goldie Hawn spielte ihre erste Hauptrolle. Die Geschichte um ein junges Ehepaar, das sich auf der Flucht vor der Polizei in immer größere Schwierigkeiten manövriert, war bereits im Fernsehen zu sehen (CIC).

Der Ruhm des Films „Ein Mann wie EVA“ (Arcade) basiert auf einem Gag: Eva Mattes spielt ihren prägendsten Regisseur, den verstorbenen Rainer Werner Fassbinder. Mit dem obligatorischen Hut und der Lederweste ausgerüstet stolpert sie durch den Film wie ein kleines Kind, das seinen Vater nachzuahmen versucht. Fassbinder wird von Regisseur Radu Gabrea als androgyner Neurotiker porträtiert. Das Ganze hat etwas mit Leichenfledderei zu tun.